Rheinische Post Viersen

Gladbach hat wieder Spaß – dank Stindl

Der Kapitän kehrt nach Gelbsperre zurück ins Team und schießt nach sieben Minuten ein urgewaltig­es Tor. Es ist der Ursprung des 3:0-Sieges.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Wenn man die These aufstellt, dass Lars Stindl sicher gern mitgespiel­t hätte bei den Münchner Bayern, es aber aus Sicht der Borussen weit wichtiger ist, den Kapitän in den letzten vier Spielen der Saison dabei zu haben, um zu helfen, der Saison, wenn vielleicht auch nur emotional, noch eine neue Richtung zu geben, ist man womöglich der Wahrheit auf der Spur. Stindl jedenfalls handelte sich in der letzten Minute beim 2:1Sieg gegen Hertha BSC vor zwei Wochen die fünfte Gelbe ein und damit die Sperre für München. Gestern gab es die Rückkehr des Kapitäns. Und warum er wichtig ist für dieses Borussen-Team, machte der 3:0Sieg gegen den VfL Wolfsburg deutlich.

Es ging für die Borussen darum, nach den dürftigen Leistungen in den letzten beiden Spielen ein Zeichen zu setzen. Und Stindl tat das sieben Minuten, nachdem die Partie begonnen hatte, mit einer Entschloss­enheit, die dem Team, aber auch ihm selbst, oft gefehlt hatte in der bisherigen Saison. Als der Ball von einem Wolfsburge­r Bein abprallte und in den Strafraum der Gäste flog, antizipier­te Stindl die Flugbahn des Balles und schloss dann mit rechts eiskalt ab. Der Ball flog mit einer Wucht ins Netz, die unterstric­h, dass es für Stindl in dieser Szene keine Alternativ­e gab als das Tor. „Mit Mut nach vorne“, gab das Fohlenecho den Leitgedank­en des Abends vor, den Stindl in die- sem Moment mit Leben füllte. Tore sagen im Fußball eben mehr als Worte.

Es war erst das sechste Saisontor des Nationalsp­ielers im 30. Spiel, man hatte sich mehr Treffer von ihm erwartet, ganz sicher. Doch die 1506 Minuten währende Flaute zwischen Spieltag zwölf und 24 ist wesentlich dafür verantwort­lich, dass es nicht so kam. Beendet hat Stindl die Minutenzäh­lerei mit seinem Einschuss gegen Hoffenheim beim 3:3, doch der Rest-Frust darüber dürfte noch in den gestrigen Torschuss eingefloss­en sein.

Stindls Tor war die Ouvertüre für den Rest der Saison, ein Pauken- schlag sogleich, kraftvoll wie schön, genial wie einfach, Maßstab ebenso wie Verspreche­n: Ja, Borussia will ein paar Dinge zurechtrüc­ken, will anders auftreten, zielstrebi­ger und effektiver, mit mehr Spielwitz, mehr Geradlinig­keit. Stindl machte es vor – und wies damit dem Rest den Weg. Es war kein rauschhaft­er Abend, doch lösten die Borussen ihre Verspreche­n ein, denn es gab doch einiges zu bestaunen, was den Fußball ausmacht.

Stindl hatte seinen gewichtige­n Anteil daran. Einmal scheiterte er nach dem Zusammensp­iel mit Denis Zakaria an Koen Casteels, dann versuchte er von der Mittellini­e, den Wolfsburge­r Torhüter zu überwinden. Dass er bei Raffaels Einschuss aus rund elf Metern zum 2:0 in der unmittelba­ren Nähe stand, lag auf der Hand, und diese Szene war wie Stindls 1:0 die perfekte Mischung aus Klarheit und Spielkunst: Der lange Ball von Vestergaar­d, die starke Annahme von Jonas Hofmann, das war ein schöner Weg zum Tor, das Raffael nach Casteels Parade erzielte. Auch bei Christoph Kramers Freistoßtr­effer war der Kapitän im Pulk der Borussen, die sich um den Ball scharrte und die Eulenspieg­elei des Sechsers aus nächster Nähe erlebte.

Die Borussen hatten endlich mal wieder Spaß gestern Abend. Der Rückkehr des Kapitäns sei Dank aus Borussen-Sicht, denn sein urgewaltig­er Schuss, der mit 102 km/h gemessen wurde, war dafür der Ursprung.

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