„Digital-Unternehmen mit Flugbetrieb“
Heute startet ab Düsseldorf der Erstflug von Eurowings nach New York – Vorstandschef Dirks erklärt seine Strategie.
DÜSSELDORF Es gibt Hot-Dogs beim Treffen mit Thorsten Dirks am Flughafen Düsseldorf – denn der Eurowings-Chef will auch über eine neue Route Richtung USA reden.
Herr Dirks, heute startet die Eurowings-Verbindung von Düsseldorf nach New York. Ist das eher Ersatz für die frühere Air-Berlin-Route oder Alternative für das vielleicht wegfallende Lufthansa-Angebot?
DIRKS Weder noch. Es ist ein eigenes und sehr smartes Eurowings-Angebot. Mit unserer neu entwickelten BIZ-Class, einer vollwertigen Business Class auf ausgewählten Langstreckenflügen, sprechen wir gezielt viele tausend Geschäftsreisende an – und zwar zu konkurrenzlos günstigen BIZ-Class-Preisen ab 799 Euro. Auch in den drei anderen Tarifklassen bieten wir nicht mehr nur in Europa, sondern auch auf Langstrecken das beste Preis-Leistungsverhältnis. Für unter 200 Euro kamen sie früher vielleicht nach Palma, aber nicht direkt in die USA oder in die Karibik.
Wie wichtig wird die Digitalisierung für Eurowings? Was ist Ihre Vision?
DIRKS Eurowings ist in fünf Jahren keine klassische Airline mehr, sondern ein digitales Unternehmen mit angeschlossenen Flugbetrieben. An diesem Ziel arbeiten wir entschlossen, denn die Zukunft der Mobilität gehört Dienstleistern, die weit mehr anbieten können als nur günstige Flüge: Das beginnt bei der Inspiration für eine Reise und geht über digitale Service- und Buchungsprozesse, die Reisen konsequent vereinfachen. Hierfür investieren wir schon in der Startphase einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.
Warum kann ich den gleichen Flug nach New York für 289 Euro als „Smart“bei Eurowings buchen und für 454 Euro als Economy bei Lufthansa? Kann ich dann auf andere Lufthansa-Flüge umbuchen?
DIRKS Jede Airline der LufthansaGruppe entscheidet selber, zu welchem Tarif sie Tickets anbietet. Lufthansa hat ein anderes Produkt als wir, was sich gegebenenfalls in unterschiedlichen Preisen widerspiegelt. Kunden haben so größere Auswahl auf einigen USA-Strecken, um zu entscheiden, welches Angebot sie mehr anspricht. Und in bestimmten Fällen kann man auf Lufthansa Flüge umbuchen – und umgekehrt auch auf Eurowings Flüge.
Bisher setzt Eurowings bei der Langstrecke fast nur auf Ferienziele inklusive Miami, aber bisherige Ziele ab Köln wie Las Vegas oder Seattle fehlen. Wird das Angebot ausgebaut?
DIRKS Wir haben mit Brussels Airlines in nur fünf Monaten eine neue Langstreckenoperation ab Düsseldorf aufgebaut – eine Riesenleistung, die uns so schnell keiner nachmacht. Da wartet 2018 noch viel Arbeit auf uns. Nächstes Jahr planen wir, unser Netz weiter zu vergrößern. Zusätzli- che Strecken in die USA wie in andere Länder kann ich mir vorstellen, wenn sich die Nachfrage gut entwickelt und die infrastrukturellen Rahmenbedingungen stimmen.
Eurowings hatte im Januar/ Februar am Airport die meisten Landungen nach 22 Uhr. Überfordert also das schnelle Wachstum ihre Airline?
DIRKS Wir stemmen das mit Abstand größte Integrationsprojekt in der Geschichte des deutschen Luftverkehrs. Dieses Mammutprojekt haben wir in wenigen Monaten erfolgreich abgeschlossen. Nun arbeiten wir mit Hochdruck daran, bei den 77 Flugzeugen, die wir übernommen haben, die Kabine und die Flugzeuglackierung so schnell wie möglich auf den Eurowings-Standard umzustellen. Zusätzlich bekommen 2000 neue Crewmitglieder Eurowings-Uniformen. Trotz dieser Herausforderungen bleiben wir bei der Pünktlichkeit deutlich vor Wettbewerbern wie Ryanair oder Easyjet.
Droht Chaos in den Sommerferien?
DIRKS Der Flugverkehr während der ersten großen Reisewelle über die Osterferien verlief in Düsseldorf fast reibungslos und mit einer Pünkt- lichkeitsquote von rund 90 Prozent. Diese Nagelprobe hat also funktioniert. Alles, was wir als Airline dafür tun können, um auch im Sommer pünktliche Flüge abzuwickeln, werden wir in die Waagschale werfen. Diesen Einsatz erwarten wir und unsere Kunden selbstverständlich auch von den Flughäfen, der Flugsicherung und allen anderen Dienstleistern, die dafür sorgen sollen, dass alles bestmöglich läuft.
Ist Ihr Erfolgsmodell, dass Sie weniger Gehalt zahlen als Air-Berlin und ihr LTU-Teil oder Lufthansa?
DIRKS Unser Erfolgsmodell ist, günstige Preise mit einem sehr ansprechenden Service und einem zuverlässigen, sicheren Betrieb zu verbinden. Dafür zahlen wir sehr gute Gehälter und bieten Top-Arbeitsbedingungen. Deshalb ist der Run auf unsere Stellen so groß: Innerhalb weniger Monate konnten wir 3000 neue Mitarbeiter einstellen, in der Spitze bis 200 pro Woche. Es macht offenbar großen Spaß, für eine schnell wachsende Eurowings zu fliegen.
Wie viele Air-Berlin-Leute kamen?
DIRKS Wir haben bei Eurowings mehr als 2000 früheren Air Berlinern eine neue Perspektive gegeben. Darunter sind zahlreiche ehemalige LTUler und Niki-Crews, die sich bei uns sehr wohl fühlen.
Ryanair baut das Angebot in Düsseldorf deutlich aus. Eine Gefahr?
DIRKS Wettbewerb ist jederzeit willkommen, solange er fair ist und zum Beispiel irische Airlines nach den gleichen Spielregeln spielen wie deutsche. Wir sind da selbstbewusst, weil wir wissen: Eurowings hat das bessere Angebot und für Mitarbeiter das bessere Klima.
Lufthansa-Chef Spohr war skeptisch in Bezug auf die Kapazitätserweiterung in Düsseldorf um bis zu ein Drittel in Spitzenzeiten. Wie sehen Sie das als wichtigster Carrier vor Ort?
DIRKS Für uns ist die operative Stabilität entscheidend. Da haben wir in 2017 gemeinsam mit dem Airport schon viel erreicht. Das war aber nur ein Teil des Weges. Wir wachsen weiter sehr schnell. Das muss alles gut bewältigt werden. Also ist es zu früh zu sagen, ob eine Kapazitätserweiterung sinnvoll und notwendig ist. REINHARD KOWALEWSKY FÜHRTE DAS GESPRÄCH.