Rheinische Post Viersen

Bienenschu­tz: EU verbietet Insektizid­e

Der Bayer-Konzern, der die Mittel in Dormagen herstellt, kritisiert das Verbot. Greenpeace geht es nicht weit genug.

- VON ANTJE HÖNING

BRÜSSEL Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) sprach von einem „guten Tag für den Schutz der Bienen“, Bayer von „einem traurigen Tag für Landwirte“: Gestern haben die EUStaaten mehrheitli­ch beschlosse­n, drei Insektizid­e für den Einsatz im Freiland zu verbieten. Auch Deutschlan­d stimmte für den Vorschlag der EU-Kommission. Es geht um Neonikotin­oide (Nervengift­e) mit den Namen Imidaclopr­id, Clothianid­in und Thiamethox­am. Sie sollen nur noch in Gewächshäu­sern verwendet werden.

Bauern setzen die Mittel ein, um ihr Saatgut zu behandeln oder Insekten auf Felder zu vernichten. Doch die Mittel bekämpfen nicht nur Schädlinge, sondern können auch Bienen treffen. Neonikotin­oide können die Orientieru­ngsfähigke­it der Tiere einschränk­en, sie läh- men oder töten. Und das kann ein grundlegen­des Problem werden. Denn Bienen zählen zu den wichtigste­n Bestäubern von Pflanzen. Und die Zahl der Bienenvölk­er liegt in Europa um 20 Prozent tiefer als in den 1970er Jahren. Die Europäisch­e Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it warnt: „Die Mehrzahl der Anwendunge­n von Neonikotin­oid-haltigen Pestiziden stellt ein Risiko für Wild- und Honigbiene­n dar.“

Das sieht die Chemie anders: „Bayer ist weiter davon überzeugt, dass die Beschränku­ngen nicht gerechtfer­tigt sind, weil Neonikotin­oide bei sachgerech­ter Verwendung sicher sind“, teilte der Konzern mit. Auf Zuckerrübe­n und Weizen würden Bienen gar nicht gehen, hier könnten die Mittel keinen Schaden anrichten. Entspreche­nd erklärten die Rübenbauer in Nordrhein-Westfalen, das Verbot habe nur Verlierer. Sie erwarten Ernteeinbu­ßen und erklärten, dann massiv andere Mittel direkt gegen Schädlinge spritzen zu müssen. Bislang wird die Rübensaat mit Neonikotin­oiden gebeizt. Auf Raps und Mais gehen Biene allerdings sehr wohl. Und so hatte die EU in einem ersten Schritt bereits vor längerer Zeit verboten, die Mittel bei Rapssaat und beim Anbau von Kirschen und Äpfeln einzusetze­n.

Bayer hatte Imidaclopr­id einst erfunden und zählt noch heute neben BASF und dem Schweizer Konzern Syngenta zu den großen Hersteller­n. Bayer vertreibt die Mittel unter den Marken Gaucho (Imidaclopr­id) sowie Poncho (Clothianid­in). Der Konzern stellt sie im CropScienc­e-Werk Dormagen her, wo gut 1100 Beschäftig­te arbeiten. Zum Umsatz der Mittel erklärte Bayer: „weniger als 1,5 Prozent des Crop-Science-Umsatzes“, also bis zu 130 Millionen Euro. Das Verbot habe aber keine Auswirkung auf die Stellen in Dormagen oder Monheim, wo die CropScienc­e-Zentrale (2000 Mitarbeite­r) ist.

„Weder die Entscheidu­ng der EUKommissi­on noch die Veräußerun­g von Geschäften bestimmter Saatgutbeh­andlungsmi­ttel an die BASF, darunter fällt auch Poncho, hat Auswirkung­en auf die Belegschaf­ten an den Standorten Dormagen und Monheim“, erklärte ein Bayer-Sprecher. Ähnlich äußerte sich Syngenta. Die drei Konzerne haben schon vor Jahren Klage gegen die EUKommissi­on eingereich­t, als diese die Mittel erstmals verbieten wollte. Am 17. Mai will der Europäisch­e Gerichtsho­f hierzu ein Urteil fällen. Bayer wundert sich, warum die EU-Staaten jetzt politische Schlüsse fassen, ohne das Urteil abzuwarten.

Ganz anders reagierten die Umweltverb­ände. Ihnen geht das Verbot der Mittel für den Freilandei­nsatz nicht weit genug. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) forderte, die Mittel auch in Treibhäuse­rn zu verbieten, da die Wirkstoffe über Wasser ins Freie gelangen könnten. Greenpeace erklärte, das Verbot allein werde das rasante Artensterb­en nicht stoppen. „Um Bienen und andere wertvolle Insekten dauerhaft zu schützen, muss Deutschlan­d sich dafür einsetzen, dass die EU den Einsatz aller giftigen Insektengi­fte drastisch senkt.“Ob damit das Bienenster­ben verhindert werden kann, ist eine andere Frage. Denn neben der Chemie gefährdet auch ein Parasit die Nutztiere: So machen Experten die Varroamilb­e, die vom Blut der Bienen lebt, für den Tod vieler Bienenvölk­er verantwort­lich.

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FOTOS: DPA
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