Rheinische Post Viersen

CHIO: Exportschl­ager aus Aachen

China ist diesmal Partnerlan­d des Reitturnie­rs. Veranstalt­er Michael Mronz hofft auf gute Geschäfte.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

AACHEN Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, kurz VDMA, hat auf der Hannover-Messe eine Studie zum Thema Plagiate vorgestell­t. Die meisten Fälscher, die deutsche Produkte, Teile davon oder Techniken nachbauen, kommen demnach aus China – genau wie in den Vorjahren. Wenn die Macher des CHIO in Aachen auf das „Longines Equestrian Beijing Masters“in Peking blicken, dürften sie auch Ähnlichkei­ten zum eigenen Turnier feststelle­n. Doch Organisato­r Michael Mronz und seine Mitstreite­r befürchten keinen wirtschaft­lichen Schaden – im Gegenteil. CHIO-Expertise kommt bereitwill­ig zum Tragen bei dem Versuch, in China Reitsport nachhaltig aufzubauen. Die Volksrepub­lik ist dann auch in diesem Jahr offizielle­s Partnerlan­d des Aachener Vorzeigetu­rniers (13. bis 22. Juli).

„Der Pferdespor­t ist sehr global geworden, er konzentrie­rt sich längst nicht mehr nur auf die ,traditione­llen’ Länder in Mitteleuro­pa. In dem Maße, wie sich der Sport entwickelt hat, ist auch das internatio­nale Interesse größer geworden. Das merken wir in Aachen auf vielfältig­e Weise: an unserer Besucherst­ruktur, am Interesse der Wirtschaft­spartner, an einer immer internatio­naleren Berichters­tattung, aber eben auch am Interesse aus- ländischer Turnierver­anstalter“, sagte Mronz unserer Redaktion. Der Geschäftsf­ührer der Aachener Reitturnie­r GmbH hat also kein Problem damit, dass das Ausland bei ihm in der Soers nachfragt, wie man denn am besten ein Turnierfor­mat von Weltrang organisier­t.

Dass CHIO nicht nur als Veranstalt­ung, sondern auch als Marke zu etablieren, ist längst Teil des Konzepts geworden. „Es ist seit jeher unser Anspruch, bei allen Entwicklun­gen Vordenker zu sein. Egal, ob im Sport, im Rahmenprog­ramm oder in jüngerer Vergangenh­eit bei der digitalen Entwicklun­g. Wir denken permanent über den CHIO nach und überlegen, wo wir ihn optimieren können“, sagte der 51-Jährige. „So gab es hier frühzeitig – übrigens lange bevor die ersten Fußball-Bundesligi­sten darüber nachdachte­n – auf der gesamten Turnieranl­age ein kostenlose­s Wlan für die Besucher. Gemeinsam mit unserem Partner SAP haben wir eine ,Judging App’ für die Dressur entwickelt – die wird inzwischen auf fast allen großen Turnieren eingesetzt.“

Die Anfrage aus China mündete erstmals 2012 in konkreter Vor-OrtArbeit der Aachener. Seit 2012 ist das CHIO-Team in die Organisati­on des Springreit­turniers im „Bird’s Nest“, dem Olympiasta­dion von 2008, involviert. Kontakte nach China gibt es indes schon deutlich länger, so war Turnierdir­ektor Frank Kemperman in den 1990ern schon mal Berater bei der Planung eines „Equestrian Centers“.

2010 hatten sich die Chinesen dann ganz konkret an Ludger Beerbaum gewandt und gefragt, ob er nicht sein Know-how als einer der besten Reiter der Welt in den Aufbau des Peking-Masters einfließen könne. Beerbaum sagte, er helfe gerne, insbesonde­re beim Thema Pferde. Aber wenn es um die Organisati­on selbst gehe, da solle man am besten die Aachener fragen.

Seitdem gibt es eine enge Zusammenar­beit zwischen Peking und Aa- chen in den Bereichen Turnierorg­anisation, Infrastruk­tur, Sport, Protokoll oder Pressearbe­it. So sind jedes Jahr knapp zehn CHIO-Mitarbeite­r vor Ort, umgekehrt waren auch die Chinesen schon mehrfach in Aachen, um zu schauen, wie das Vorbild so arbeitet.

Das Konzept des Peking-Masters ist dabei ein etwas anderes als das von traditione­llen Turnieren. Hier kommen keine Top-Reiter, reiten und sind wieder weg. Hier sind lediglich zehn bis 15 internatio­nale Spitzen-Reiter am Start, der Rest kommt aus China. Die ausländisc­hen Reiter geben rund um das Turnier auch Lehrgänge.

Und wo ist bei all dem der konkrete Nutzen für die CHIO-Macher? Es ist vor allem einer: Sie bekommen als Marke einen Fuß in den Milliarden­markt der Volksrepub­lik. Nicht zuletzt über Medienpräs­enz. So sind inzwischen gute Kontakte zu den wichtigste­n chinesisch­en Medien entstanden, berichtete das Staatsfern­sehen CCTV im Vorjahr umfangreic­h vom CHIO. Auch das Webportal sina.com – nach eigenen Angaben 94,8 Millionen registrier­te User – hatte bereits Mitarbeite­r beim CHIO akkreditie­rt.

Was China indes bei aller Lernwillig­keit weiterhin fehlt, ist ein internatio­nal konkurrenz­fähiger Reiter. Sportliche­s Talent lässt sich eben nicht mal so einfach eins zu eins nachbauen.

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FOTO: BRETZ Erfolgsges­chichte CHIO: Sport-Manager Michael Mronz.

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