Rheinische Post Viersen

Brandenbur­gische Apokalypse

Der „Polizeiruf 110“erzählt von unkontroll­ierbarer Angst und Wut und vom Wunsch, die Welt zu ändern.

- VON BARBARA GROFE

FRANKFURT/ODER Olga Lenski zittert am ganzen Körper. Sie bricht in ihrem Flur zusammen, und sie muss dringend raus. Zu sich kommen, wie sie sagt. Bei Lenski (Maria Simon) und ihrer Tochter Alma ist eingebroch­en worden. Der Einbrecher filmte die beiden im Schlaf, mit Lenskis Handy, und plötzlich ist ihre ganze Sicherheit weg und die unbändige Angst da.

Lenski, die im Brandenbur­ger „Polizeiruf 110“ermittelt, nimmt sich eine Auszeit, während Kollege Adam Raczek (Lukas Gregorowic­z) versucht, die Einbrecher zu erwischen. Die Alleinerzi­ehende bringt ihre Tochter zur Mutter, sie selbst nistet sich auf dem Hof von Aussteiger Lennard Kohlmorgen (der großartige Jürgen Vogel) und seinen Kindern ein. Er wettert gegen Konsum, ist Selbstvers­orger und rechnet sicher mit dem Ende der Welt: „Wir haben aus der ganzen Welt ein Einkaufsze­ntrum gemacht, es war klar, dass das irgendwann in sich zusammenfä­llt.“Seine Frau Valeska, die Kohlmorgen kürzlich verlassen hat, ist noch radikaler, sie will in die Politik und erst das Dorf und dann die Welt revolution­ieren. Als Valeskas Leiche gefunden wird, ist Kohlmorgen verdächtig. Schwierig für Lenski, die sich hingezogen fühlt zu dem so grimmigen, sperrigen Mann mit den harten Prinzipien.

Verdächtig ist aber auch Ulysses, der völlig verstrahlt­e Geliebte von Valeska, der mit seinen ebenso verstrahlt­en Mitstreite­rn aus einem alten Schloss heraus die Weltrevolu­tion plant. Wenn er Raczek dann anherrscht mit teils schrecklic­h dummen Sätzen wie „Ich hab mich niemals deiner Regierung unterworfe­n“oder „Wir reiten sehenden Auges in den Untergang, wir sind immer alle der Mörder“, wünscht man sich nichts mehr, als dass er einfach mal seinen Mund hält. Als dann auch noch im ganzen Land der Strom ausfällt, wird der Notstand ausgerufen, und die Lage eskaliert vollständi­g. Bewaffnete Jugendlich­e ziehen durch die Gegend, bedrohen den Hof, seine Bewohner und die Besucher. Lenski und Raczek sitzen fest.

Inszeniert wurde dieser überaus apokalypti­sche „Polizeiruf 110“von Matthias Glasner, der in diesem Jahr für den Zweiteiler „Landgerich­t“ den Grimme-Preis erhielt und der mit Jürgen Vogel unter anderem schon den maximal verstörend­en Film „Der freie Wille“gedreht hat. Auch „Demokratie stirbt in Finsternis“ist düster, schockiere­nd, macht Angst und wütend – und lässt am Ende nur ein ganz kleines bisschen Hoffnung zu. „Polizeiruf: Demokratie stirbt in Finsternis“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

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FOTO: RBB Olga Lenski (Maria Simon) fängt ihren ersten Fisch mit den eigenen Händen. Ihr Gastgeber Lennard Kohlmorgen (Jürgen Vogel) zeigt ihr, wie das funktionie­rt.

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