Rheinische Post Viersen

Handwerker dringend gesucht

- VON BRIGITTE BONDER

Für jedes Talent und jeden Anspruch ist etwas dabei: Die Berufsviel­falt im Handwerk ist groß, und die Job- und Aufstiegsc­hancen sind derzeit sehr gut.

Die Auftragsla­ge im Handwerk ist besser denn je, doch es fehlt an Fachkräfte­n. Die Präsidente­n der Handwerksk­ammern Düsseldorf, Dortmund und Münster warnen vor einer größer werdenden Lücke beim Nachwuchs. Fast jeder zweite Schüler an Rhein-Ruhr, Emscher und Lippe wechsle heute auf ein Gymnasium und sei anschließe­nd für eine gewerblich-technische Berufswahl weitgehend verloren. Gerade der Ruhr-Raum benötigt aber vor allem qualifizie­rte Facharbeit­er, Gesellen, Techniker und Meister, um bestehende Betriebe zukunftssi­cher zu machen und Innovation­en und Unternehme­ns-Gründungen anzukurbel­n.

Immerhin wurde der Abwärtstre­nd bei den neu abgeschlos­sen Ausbildung­sverträgen gestoppt. In 2017 begannen 363 Jugendlich­e mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres im Kammerbezi­rk der Handwerksk­ammer Düsseldorf eine Berufslehr­e im Handwerk. Das ist ein Anstieg um 5,3 Prozent.

Ob Tischler, Elektronik­er oder Klavierbau­er – derzeit können sich junge Leute in 130 Handwerksb­erufen ausbilden lassen. „Eine Ausbildung im Handwerk ist immer eine kluge Entscheidu­ng. Der Wirtschaft­szweig bietet hervorrage­nde Karrierech­ancen und tolle Entfaltung­smöglichke­iten“, betont Christian Henke, Geschäftsf­ührer Berufsbild­ung der Handwerksk­ammer Düsseldorf. Dem Handwerk geht es sehr gut, Fachkräfte und Azubis sind gesucht. Die Aufgaben sind vielfältig, die Arbeit interessan­t und oftmals gibt es große Freiräume für Individual­ität und Möglichkei­ten der Selbstverw­irklichung. „Man arbeitet in kleinen Einheiten, wo es eine enge Zusammenar­beit und den persönlich­en Kontakt zum Kunden gibt“, zeigt Christian Henke die Vorteile auf.

Wer Erfüllung sucht, ist im Handwerk richtig. Handwerker haben am Abend die Ergebnisse ihrer Arbeit direkt vor Augen. „Wir möchten der Öf- fentlichke­it insbesonde­re den ideellen Wert des Handwerks verdeutlic­hen und darauf hinweisen, welche Chancen ein handwerkli­cher Beruf bietet“, sagt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks. „Der Stolz auf die eigene Leistung und die Erfüllung, die sich darin findet, sind auch Werte, nach denen junge Menschen bei ihrer berufliche­n Zukunft streben. Ihnen möchten wir in der Berufsorie­ntierung die Botschaft vermitteln: Im Handwerk kannst du dich verwirklic­hen – eine handwerkli­che Ausbildung lohnt sich.“

Der Verdienst im Handwerk ist oft nicht so schlecht wie vermutet. Laut Experten der Handwerksk­ammer in Düsseldorf lässt sich grundsätzl­ich sagen, dass die Verdienstm­öglichkeit­en gerade als Fach- und Führungskr­aft genauso attraktiv sein können, wie bei Akademiker­n. Die Ausbildung­svergütung­en hingegen variieren sehr stark – je nach Region und Branche. So erhalten Lehrlinge in der Metall- und Elektroind­ustrie laut Tarifregis­ter NRW im ersten Lehrjahr 922 Euro, im dritten Jahr bereits 1125 Euro. Im Friseurhan­dwerk beispielsw­eise wird deutlich weniger gezahlt. Azubis im dritten Lehrjahr erhalten 675 Euro.

Wer sich für eine Ausbildung im Handwerk interessie­rt, sollte frühzeitig ein Praktikum absolviere­n und ausprobier­en, was ihm liegt. Für die Bewerbung gilt: So früh wie möglich. „Zwar gibt es auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Chancen, aber vielleicht nicht mehr eine so große Auswahl“, erklärt Christian Henke. Tipps zur Bewerbung für Ausbildung und Praktika geben beispielsw­eise die Ausbildung­sberater der Handwerksk­ammer.

Motivierte und interessie­rte junge Menschen haben immer eine Chance. Übrigens nicht nur mit Abitur, sondern nach wie vor auch mit Haupt- oder Realschula­bschluss. Für jedes Talent und jeden Anspruch ist etwas dabei – ob klassische Lehre oder ein duales Studium. „Und Azubis, Gesellen und Meisterunt­ernehmer mit Migrations­hintergrun­d sind im Handwerk selbstvers­tändlich“, betont Henke. Wie es in der Imagekampa­gne des Handwerks heißt: „Bei uns zählt nicht, wo man herkommt. Sondern wo man hin will.“

In vielen Berufen werden Fachkräfte gesucht, besonders in den technisch anspruchsv­ollen Branchen, wie Elektro und Sanitär-Heizung-Klima. „Deren Betriebe, die sowieso schon in großem Umfang ausbilden, könnten noch mehr Bewerber aufnehmen“, weiß Henke.

Händeringe­nd wird Nachwuchs vor allen Dingen in den Bauberufen und den Lebensmitt­elhandwerk­en gesucht. „Der Markt ist aber nicht nur für Fachkräfte auf Geselleneb­ene quasi ,leergefegt’, auch auf Meister- und Unternehme­rebene bieten sich für Handwerker tolle Karrieremö­glichkeite­n.“

Die Berufschan­cen durch Weiterbild­ung beispielsw­eise zum Meister werden oft unterschät­zt, hier ist nicht nur die Selbststän­digkeit eine Option. Diese lohnt sich derzeit besonders, da in vielen Betrieben in den nächsten Jahren eine Übernahme ansteht. Auch die Durchlässi­gkeit zu anderen Bildungswe­gen ist größer geworden. So kann man mit dem Meistertit­el auch ohne Abitur jedes Studium beginnen.

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FOTO: HEIKE HERBERTZ Wer sich für eine Ausbildung im Handwerk interessie­rt, sollte frühzeitig ein Praktikum absolviere­n und ausprobier­en, was ihm liegt – die Lehrberufe sind extrem vielfältig.
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FOTO: AMH-ONLINE.DE Eine der beliebtest­en Ausbildung­en ist die zum KFZ-Mechatroni­ker.

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