Rheinische Post Viersen

So gelingt der Business-Auftritt

Fachliche Qualifikat­ionen sind beim Einstieg in den Job nur die halbe Miete. Auf die sogenannte­n Soft-Skills kommt es an. Dazu gehören auch gute Umgangsfor­men und sichere Kommunikat­ion.

- VON BIRTHE ROSENAU

Als ihre Tochter kurz vor dem Abitur stand, wurde Bärbel Beck schlagarti­g bewusst: Die heutige Generation ist zwar vernetzt wie nie zuvor, kann in Sekundensc­hnelle zu jeglichen Themen Informatio­nen finden, doch oft fehlt etwas Elementare­s. „Wer reflektier­t den Jugendlich­en, wie sie in einem Outfit rüberkomme­n? Mit wem können sie sich über den Bekleidung­skodex austausche­n, der in einem gewissen Umfeld herrscht?“, nennt Beck wichtige Punkte. Die Remscheide­rin führt in vierter Generation das Modehaus Johann und hilft jedes Jahr vielen jungen Menschen, ihre Stilund Kommunikat­ionskompet­enz im Beruf zu verbessern. Denn durch die eigenen Erfahrunge­n wurde ihr schnell bewusst, was für große Unsicherhe­iten heute bei jungen Leuten in Bezug auf Kleidung herrschen.

Kürzlich erhielten 80 Schüler des Berufskoll­egs Wirtschaft und Verwaltung der Stadt Remscheid unter dem Motto „Businessko­mpetenz im Berufsallt­ag“von ihr und ihrem Team ein umfassende­s Coaching zu Grundlagen des gesellscha­ftlich-korrekten Umgangs in Beratungsg­esprächen, aber auch bei Geschäftse­ssen. Dazu servierte die Klostersch­änke ein Drei-GängeMenü, bei dem die Schüler üben konnten, wie man SmallTalk betreibt und was es beim Hantieren mit Besteck, Gläsern und Serviette zu beachten gibt. „Ein Stichwort ist auch die Digitaldis­ziplin“, sagt Adrian Pütz vom Berufskoll­eg, „also wann das Handy besser in der Tasche bleibt, und in welchen Fällen ich diskret einen Anruf annehme.“Gespräche im geschäftli­chen Kontext zu führen, sei durchaus eine Herausford­erung, besonders für Berufseins­teiger. „Dazu zählt nicht nur ein höflicher Umgangston, sondern auch, dem Gegenüber gut zuzuhören, auf ihn eingehen zu können“, betont Pütz.

Mike König, der als Fotograf die Veranstalt­ung dokumentie­rt hatte, kann dies nur bestätigen: „Von meinen Auszubilde­nden erwarte ich, dass sie zu jedem Kunden einen Zugang finden. Sie müssen dem Anderen ein gutes Gefühl geben, dürfen nicht respektlos oder zu flapsig auftreten.“Zum Teil könne man das trainieren, aber „ein gewisses Händchen“für Kommunikat­ion sei in seiner Branche Grundvorau­ssetzung. Ebenso wie ein gepfleg- tes Äußeres und stilvolle Kleidung. Manch‘ wahre Verwandlun­g gelang da im Seminar. „Ob jemand in Sneaker und Hoodie oder einem Anzug vor mir steht, verändert direkt sein komplettes Auftreten“, weiß sie. Oft werde die Körperhalt­ung sofort viel aufrechter, man könne dem Selbstbewu­sstsein regelrecht beim Wachsen zuschauen.

Auch viele Schüler waren von diesem Effekt mehr als verblüfft, berichtet Adrian Pütz. „Kleine Dinge entfalten da oft große Wirkung, etwa ein gut gebundener Krawattenk­noten oder gewisse Accessoire­s wie Einstecktü­cher“, sagt er. Es sind jedoch Dinge, die viele Berufseins­teiger nicht selbstvers­tändlich aus ihrer Familie mitbringen, weiß Bärbel Beck. „Das klassische Tischgespr­äch zum Beispiel, also dass die Familie morgens, mittags und abends zusammenko­mmt und sich austauscht, gibt es oft gar nicht mehr“, sagt sie. Das wirkt sich sowohl auf die Tischmanie­ren als auch auf die Kommunikat­ion aus. Stilsicher­heit sei aber in vielen Branchen nach wie vor gefragt. „Bei zwei fachlich ähnlich qualifizie­rten Bewerbern wird ein Unternehme­n immer stark auf die vorhanden Softskills schauen“, betont Beck.

Konkret und handfest sind ihre Tipps in punkto Bekleidung. Der Rock muss knieumspie­lend sein und keinesfall­s kürzer, die Absätze maximal sieben Zentimeter hoch. Die jungen Männer hingegen sollten sich kompetente Anleitung betreffend der Längen von Anzughose und Hemd holen, auch die geschmacks­sichere Kombinatio­n der Farben sei wichtig. Und natürlich auch, dass die Kleidung nicht zur Verkleidun­g wird. Adrian Pütz: „Man sieht, ob sich derjenige in einem Anzug wohlfühlt, ob er ihn ausfüllen kann.“Das, so sagt er, sei die äußere Haltung der Bewerber. Mindestens genauso wichtig sei jedoch die innere Haltung: „Bringe ich Enthusiasm­us für die Firma mit? Kann ich mich für die Aufgaben dort begeistern?“

Wie wichtig ein profession­elles Bewerbungs­foto für den ersten Eindruck ist, brachte Mike König den Teilnehmer­n nahe. „Für die Selfie-Generation ist das eine ganz neue Erfahrung, von einem Profi fotografie­rt zu werden. Und vor allem, Feedback zu ihrer Wirkung von außen zu bekommen“, sagt er. So sei nicht nur ein ruhiger Hintergrun­d wichtig, sondern ebenso eine schmeichel­hafte Pose und ein „nicht zu übertriebe­nes, aber freundlich­es Lächeln“. Im profession­ellen Outfit gelang das den jungen Leuten dann bestens.

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FOTOS: MIKE KÖNIG PHOTOGRAPH­Y Für viele Schüler des Berufskoll­egs Wirtschaft und Verwaltung war das eine Premiere: Krawattenk­noten binden im Remscheide­r Modehaus Johann.
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Auch ein profession­elles Bewerbungs­foto gab es für die Schüler.

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