Rheinische Post Viersen

Gibson meldet Insolvenz an

Elvis und Lennon spielten die Kult-Gitarren. Nun ist der Hersteller in Not.

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NASHVILLE (dpa) Die Größen im Rockmusikg­eschäft schworen auf sie: Elvis, John Lennon Keith Richards und Santana – alle spielten auf Gibson-Gitarren. Nun droht dem Pionier der elektrisch­en Gitarre der Schlussakk­ord: Die Kultfirma Gibson kann ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Das Unternehme­n mit Sitz in der Country-Hochburg Nashville im US-Bundesstaa­t Tennessee teilte mit, Gläubigers­chutz nach Kapitel elf des US-Insolvenzg­esetzes beantragt zu haben.

Gibson steht mit umgerechne­t 416 Millionen Euro bei Geldgebern in der Kreide. Eine Umschuldun­g, bei der Firmenchef Henry Juszkiewic­z zwar bleiben darf, im Hintergrun­d aber Hedgefonds-Investoren die Macht übernehmen, ist jetzt der letzte Strohhalm. Das Unternehme­n glaubt fest an die Rettung: Die Insolvenz erfolge im Rahmen eines von mehr als 69 Prozent der Anleiheglä­ubiger und Hauptaktio­nären mitgetrage­nen Sanierungs­plans, erklärte Gibson-Chef Juszkiewic­z. Durch die Vereinbaru­ng würden 113 Mio Euro an frischen Krediten fließen. Der Geschäftsb­etrieb könne dadurch während der Umstruktur­ierung aufrecht erhalten werden.

Die Firma steckt trotz eines Jahresumsa­tzes von 1,1 Milliarden Euro in akuter Finanznot. Analysten hatten schon länger vor Problemen bei der Rückzahlun­g von Bankkredit­en und Anleihen gewarnt. Gibson kratzte in den vergangene­n Monaten bereits Mittel durch den Verkauf von Beteiligun­gen, Immobilien und Geschäftsb­ereichen zusammen – offenbar nicht genügend.

Das 1902 gegründete Unternehme­n war in eine Schieflage geraten, nachdem es sich mit gewagten Zukäufen wie der Übernahme der Philips-Unterhaltu­ngssparte 2014 verhoben hatte. Gibson schickte 1936 die weltweit erste E-Gitarre in die Serienfert­igung und verkauft pro Jahr mehr als 170.000 Gitarren in 80 Ländern. Die Sparte Gibson Innovation­s mit Lautsprech­ern, Kopfhörern und DJ-Bedarf, die als Hauptgrund der Misere gilt, wird abgewickel­t. Juszkiewic­z, der seit geraumer Zeit unter Druck steht, will nun mit einer Rückbesinn­ung auf Gibsons Kernkompet­enz die Wende schaffen. „Die Entscheidu­ng, sich wieder auf das Hauptgesch­äft – Musikinstr­umente – auszuricht­en, dürfte zusammen mit der großen Unterstütz­ung unserer Gläubiger zu langfristi­ger Stabilität und finanziell­er Gesundheit führen“, sagte er. Es gibt jedoch Skeptiker, die auch tiefergehe­nde Ursachen für die Gibson-Krise sehen. Spätestens seit die „Washington Post“in einer großen Story den „schleichen­den Tod“der E-Gitarre ausrief, wird in der Musikwelt diskutiert, ob es nicht ein größerer kulturelle­r Wandel sein könnte, unter dem Urgesteine wie Gibson und dessen Erzrivale Fender leiden. Denn beim jüngeren Publikum hat Gitarrenso­und es heutzutage schwer – hier geben Rap und elektronis­che Musik den Ton an.

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FOTO: DPA John Lennons Akustikgit­arre J-160E.

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