Rheinische Post Viersen

China erneut zu stark – WM-Silber für Deutschlan­d

Statt im Traumfinal­e zum ersten Mal Mannschaft­s-Weltmeiste­r zu werden, sind die deutschen Stars im Endspiel chancenlos.

- VON SEBASTIAN STIEKEL

HALMSTAD (dpa) Am Ende lief alles wie immer. Die deutsche Tischtenni­s-Nationalma­nnschaft spielte eine herausrage­nde Team-Weltmeiste­rschaft – und war im Endspiel dann doch gegen den großen Favoriten China chancenlos. Ohne den angeschlag­enen World-CupSieger Dimitrij Ovtcharov verloren Timo Boll, Ruwen Filus und Patrick Franziska am Sonntag gegen den Titelverte­idiger und Olympiasie­ger mit 0:3. Die Chinesen gewannen im schwedisch­en Halmstad bereits ihren neunten Weltmeiste­r-Titel in Serie und den 21. WM-Titel insgesamt. Schon 2010, 2012 und 2014 hatten sie im Finale die deutsche Mannschaft geschlagen.

Dieses Endspiel war für die Deutschen beinahe schon verloren, ehe es überhaupt richtig begonnen hatte. Der Weltrangli­sten-Dritte Ovtcharov musste am Sonntag passen, weil Form und Trainingsr­ückstand nach seiner schmerzhaf­ten Verletzung am Schenkelha­ls einen Endspiel-Einsatz nicht zuließen. Gleich zu Beginn verlor dann auch noch der Weltrangli­sten-Zweite Boll mit 4:11, 8:11, 3:11 gegen den Einzel-Weltmeiste­r Ma Long. Weniger als 20 Stunden zuvor hatte der 37Jährige das deutsche Team mit zwei Siegen zum 3:2-Halbfinal-Erfolg gegen Südkorea überhaupt erst in dieses Endspiel gebracht.

Der für Ovtcharov in die Mannschaft gerückte Ruwen Filus vom TTC Fulda-Maberzell hatte gegen den Weltrangli­sten-Ersten Fan Zhendong ebenfalls keine Chance (0:3). Franziska vom 1. FC Saarbrücke­n, der gegen Südkorea bereits das entscheide­nde fünfte Match gewonnen hatte, holte zum Abschluss gegen Xu Xin immerhin einen Satz (1:3).

Um neben Nationen wie Schweden und Südkorea auch die Tischtenni­s-Weltmacht China schlagen zu können, kam dieses Turnier für die Deutschen zum falschen Zeitpunkt. Im Herbst 2017 hatten Ovtcharov und Boll die besten Chinesen noch besiegt und dadurch unter anderem den World Cup, die China Open und die neue Asien-Pazifik-Liga T2 gewonnen. Genau in der Zeit, in der erst Ovtcharov und danach auch noch einmal Boll sogar vorübergeh­end zur Nummer eins der Weltrangli­ste aufstiegen, änderten sich die Verhältnis­se jedoch wieder. Die Deutschen bekamen Verletzung­sprobleme, die Chinesen fanden zu alter Stärke zurück. Spätestens mit diesem WM-Finale rückten sie die Machtverhä­ltnisse im Tischtenni­s wieder zurecht. Timo Boll

„Wenn wir über das ganz große Ding sprechen, dann brauchen wir einen Ovtcharov in hundertpro­zentiger Form, einen Boll in hundertpro­zentiger Form und alle anderen in hundertpro­zentiger Form“, sagte Boll schon vor der WM. Genau das war am Sonntag nicht der Fall.

Trotzdem spielte die Mannschaft von Bundestrai­ner Jörg Roßkopf immer noch eine ganz starke Weltmeiste­rschaft – gerade wenn man ihre Leistungen mit denen anderer vermeintli­cher Top-Nationen vergleicht. Frankreich – schied schon in der Vorrunde aus. Japan – verlor in der Gruppenpha­se sogar gegen England. „Wir sind eine gesamte Einheit und stehen da, wo wir vor dem Turnier auch mindestens stehen wollten: im WM-Finale“, sagte Franziska.

„Wenn wir über das ganz große Ding sprechen, brauchen wir Ovtcharov zu 100 Prozent“

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