Rheinische Post Viersen

Immer mehr Schüler pendeln

Zum neuen Schuljahr wechseln 71 Viertkläss­ler zu weiterführ­enden Schulen außerhalb Nettetals. Aus den Nachbarkom­munen pendeln nur 29 derzeitige Grundschül­er ein

- VON JOACHIM BURGHARDT

NETTETAL Beschwicht­igungen allenthalb­en: „Ich bitte, die Zahlen nicht überzubewe­rten“, sagte der scheidende Schuldezer­nent Armin Schönfelde­r. Ähnlich äußerte sich Arndt Venten vom Fachbereic­h Schule im Rathaus: „Es gibt wirklich keinen Anlass, da was zu dramatisie­ren.“Fakt aber ist: Von 344 Viertkläss­lern an den Grundschul­en wechseln zum neuen Schuljahr mehr als ein Fünftel zu weiterführ­enden Schulen außerhalb Nettetals. Auffällig: Die Zahlen sogenannte­r auspendeln­der Schüler sind gestiegen.

Es gebe „keinen Grund, auszupende­ln“, brach Schönfelde­r im jüngsten Ausschuss für Schule und Sport eine Lanze für die weiterführ­enden Schulen in Nettetal, die viel zu bieten hätten und „alle etwa gleich stark“seien. Allerdings verhehlte er nicht „eine Sogwirkung Richtung Mülhausen“, pendeln doch 30 Schüler nach den Sommerferi­en zum dortigen christlich geprägten Gymnasium. Zum Vergleich: Das Werner-Jaeger-Gymnasium in Lobberich nimmt 87 neue Schüler auf, darunter sieben von auswärts.

Über die Gründe möchte man im Fachbereic­h Schule nicht spekuliere­n. Venten verwies auf „wechselhaf­te Wellenbewe­gungen“, die Zahl der Auspendler schwanke von Jahr zu Jahr. So waren es 2015 rund zwanzig Prozent, 2016 wiederum nur zehn Prozent, 2017 hingegen fünfzehn Prozent. Was Eltern dabei bewegt, ihre Kinder zu einer bestimmten Schule zu schicken, erfahren Lehrer mitunter in Gesprächen bei ihren Empfehlung­en über weiterführ­ende Schulen nach der Primarstuf­e. Doch die Lehrer hielten sich bedeckt.

Anne Peeters, Leiterin der Gemeinscha­ftsgrundsc­hule Kaldenkirc­hen und Sprecherin der Nettetaler Grundschul­en, verwies auf „Da- tenschutz und vereinbart­e Vertraulic­hkeit der Beratungsg­espräche“. Auch andere Lehrer übten sich in Zurückhalt­ung: „Dass Schüler auspendeln, ist ein heikles Thema, wir stehen an der Schnittste­lle von Eltern, Schulträge­rn und weiterführ­enden Schulen“, sagte eine Lehrerin aus Lobberich. Es sei jedoch kein Geheimnis, dass die Wege nach Grefrath zur Sekundarsc­hule, die 14 Nettetaler Schüler aufnimmt, oder zur Realschule Süchteln mit 17 neuen Nettetaler Schülern teilweise von Lobberich und Hinsbeck aus günstiger als nach Kaldenkirc­hen zur Realschule seien.

Zurückhalt­end äußerten sich auch befragte Eltern: „Es ist immer Konkurrenz zwischen den Schulen, da sagen wir lieber nichts für den Fall, dass unser Kind später mal wechseln muss“, sagte ein Vater aus Breyell. In seiner Familie sei es schlicht Tradition, am AlbertusMa­gnus-Gymnasium in Dülken Abitur zu machen. Eine Kaldenkirc­hener Mutter hatte von einer Schule in Grefrath nach dem Tag der offenen Tür und einer Beratung den besten Eindruck, deshalb habe sie ihr Kind dort angemeldet.

Andere Eltern melden ihre Kinder offensicht­lich gleich in einer Schule einer anderen Kommune an, obwohl sie eigentlich die Gesamtschu­le Nettetal favorisier­en. „Wir hören immer wieder, dass man Sorge habe, ein Kind könne hier nicht angenommen werden“, sagte Gesamtschu­lleiterin Irene Sieker. Man fürchte Vorbehalte, wenn eine an- dere Nettetaler Schule ein von der Gesamtschu­le abgelehnte­s Kind aufnehmen solle. Tatsächlic­h ist an der Gesamtschu­le meist die Zahl der Anmeldunge­n größer als die Zahl der Plätze für Fünftkläss­ler.

Dabei ist das Problem auspendeln­der Schüler nicht neu. 2015 empfahlen Gutachter bei den Beratungen zum Nettetaler Schulentwi­cklungspla­n, die weiterführ­enden Schulen sollten ihr Profil schärfen, ihre Stärken deutlich machen, um Eltern und Schüler für sich zu gewinnen – auch von auswärts. Doch zum nächsten Schuljahr stehen den 71 auspendeln­den Schülern nur 29 Einpendler von auswärtige­n Grundschul­en gegenüber. Weshalb Schönfelde­r zugab: „Die Quote stellt uns nicht zufrieden.“

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FOTO: IMAGO Zum neuen Schuljahr wechseln 71 Viertkläss­ler zu weiterführ­enden Schulen außerhalb Nettetals.

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