Rheinische Post Viersen

Duell der Ideologen in Kolumbien

In der Stichwahl um das Präsidente­namt prallen harte Gegensätze aufeinande­r.

- VON TOBIAS KÄUFER

BOGOTÁ Der konservati­ve Anwalt Iván Duque und der Ex-Guerillero Gustavo Petro sind als Sieger aus der ersten Runde der Präsidents­chaftswahl in Kolumbien hervorgega­ngen. Der Erfolg der beiden Bewerber, die unterschie­dlicher kaum sein könnten, zeigt, wie zerrissen das Land ist.

Es ist ein Duell der Ideologien. Petro schwärmt von einer Art Arbeiterun­d Bauernstaa­t. Die Avocado ist zum Symbol seiner ganz auf die ländliche Bevölkerun­g und die Träume der Kleinbauer­n ausgericht­eten Kampagne geworden. Duque ist dagegen Vertreter einer klassische­n Law-and-Order-Politik, der ein modernes Kolumbien verspricht sowie eine knallharte Strategie gegen Kriminalit­ät und Drogenhand­el.

Petro gelingt es, die Massen zu mobilisier­en wie vor ihm kaum einem linken Politiker. Aber er polarisier­t auch. In der Grenzstadt Cucuta kam es vor ein paar Wochen zu einem Anschlag auf sein gepanzerte­s Fahrzeug, ob nur mit Steinen oder mit Schüssen, ist nicht geklärt. Petro zeichnet seine Vision eines zukünftige­n Kolumbiens: „Die Öl- und Kohleindus­trie bringt nur 300.000 Arbeitsplä­tze. Allein der Kaffeeanba­u aber sorgt für 1,5 Millionen Arbeitsplä­tze. Stellt Euch vor, was eine Avocado-Industrie möglich machen könnte. Man muss diese Produkte industrial­isieren und es schaffen, dass der Produzent auch der Eigentümer dieser Industrie ist.“Petro stößt in eine offene Wunde: Kolumbien ist trotz eines beträchtli­chen Wirtschaft­swachstums in den letzten Jahren und einer breiter gewordenen Mittelschi­cht immer noch eines der Länder mit der größten Ungleichhe­it auf der Welt.

Auch Duque, der in der ersten Runde mit 39,14 Prozent der Stimmen auf Platz eins landete, mobilisier­t sein Lager. Der jugendlich wirkende Rechtsanwa­lt ließ sich die Haare grauer färben, um erfahrener zur wirken. Duque warnt vor einer Machtübern­ahme der linken „Castro-Chavistas“, wie er das Petro-La- ger angesichts der ideologisc­hen Nähe zu Kuba und anderen linksregie­rten Staaten nennt. Angesichts von rund einer Million Flüchtling­en, die in den vergangene­n zwei Jahren aus dem sozialisti­sch regierten Krisenstaa­t Venezuela über die Grenze geströmt sind, ist das ein starkes Wahlkampfa­rgument.

Bei der Stichwahl am 17. Juni stimmen die Kolumbiane­r auch über die Zukunft des Friedenspr­ozesses in dem einstigen Bürgerkrie­gsland ab. Kolumbien ist tief gespalten: Zwischen jenen, die den Friedensve­rtrag mit den linken Farc-Rebellen für eine Kapitulati­on vor skrupellos­en Schwerverb­rechern halten und jenen, die in dem Abkommen den einzigen Ausweg sehen. Der internatio­nal bejubelte Friedenspr­ozess ist im Land selbst äußerst umstritten. Duque will den Vertrag in wesentlich­en Punkten ändern und könnte die Ex-Rebellen damit zurück in den Untergrund treiben. Petro hingegen will an dem Abkommen festhalten und die Umsetzung beschleuni­gen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany