Was das Taufregister über Kriegsereignisse verrät
KREIS VIERSEN (plp) Manchmal muss der Historiker verschlungene Umwege machen, um zu geschichtlich gesicherten Erkenntnissen zu kommen. Ein Beispiel dafür bieten die Taufregister von Kaldenkirchen. Sie belegen die Anwesenheit spanischen Militärs in dem kleinen, um 1600 zur Festung ausgebauten Ort. Danach wurden dort 1618 vier, 1619 zehn und 1620 sieben Soldatenkinder getauft. 1615 konnte man schon nachlesen, dass die in spanischem Sold stehenden Soldaten mitnichten alle spanischer Herkunft waren. Am 12. März nämlich wurde die Tochter Catharina des Pompilli Rossam, Angehöriger einer italieni- schen Militäreinheit, in Kaldenkirchen getauft. 1620 meldet die Chronik der Stadt Roermond den Einzug einer halben Kompanie Portugiesen in Kaldenkirchen. Zum Tross der eingelagerten Söldner gehörten vielfach Frauen und Kinder. Darüber hinaus mag es in manchem Bürgerhaus zu empfindlichen Verwerfungen gekommen sein, wenn eine Tochter ein Kind eines italienischen oder spanischen Soldaten bekam.
Leidtragende waren in Kaldenkirchen vor allem die Mitglieder der evangelisch reformierten Minderheit. In einer Zeugenaussage hieß es: „Anno 1624 aber hetten die hispanische Volckere hieselbst ihre einquartierungh gehabt, waedurch die reformierte religion und dero exercitium zumahlen vertrieben worden.“
Bleiben wir in diesem jülichschen Grenzort zu Geldern mit einem Beispiel dafür, dass der „Dreißigjährige Krieg“aus der Sicht des einzelnen Untertanen weniger mit den großen Schlachten und den großen Militärs als mit persönlichem kriegsbedingten Unheil zu tun hatte. Der Fuhrmann Peter Küppers war 1629 von Kaldenkirchen aus ins „Clevische landt“gezogen und dort, obwohl im Besitz eines Schutzbriefes des Prinzen Heinrich von Oranien, festgenommen und nur gegen Zahlung der gewaltigen Summe von 400 Reichstaler freigelassen worden. Seine Verhaftung war von brandenburgischer Seite (Kleve war seit 1614 brandenburgisch) mit einer vom Kirchspiel Kaldenkirchen und dem Amt Brüggen geforderten und noch nicht bezahlten brandenburgischen Kontribution begründet worden.
Peter Küppers war ruiniert. In einem wortreichen Bittbrief an seinen Landesherrn, den Herzog Wolfgang Wilhelm von Jülich, bezeichnete er sich „als armer Gesell und angeborener Untertan des Kirchspiels Kaldenkirchen“, und bat um Entschädigung, denn er konnte sich nur „mit Verkauf und Versetzung alles des Meinigen mit höchster Beschwernis meines Weibes und sechs kleiner Kinder“retten. Wie vor ihm von niederländischen oder brandenburgischen Truppen gefangen genommene Zivilisten forderte er die Kostenerstattung „aus gemeinen Amts- und Kirchspielsmitteln“. Küppers war „der untertänigsten Hoffnung, Euer Durchlaucht werden keinen Gefallen daran finden, dass ich armer Gesell unschuldigerweise für das ganze Amt und Kirchspiel leiden muss und zugrunde verdorben werde.“Der Vorgang hatte noch ein diplomatisches Nachspiel, dessen Ausgang aber nicht bekannt ist.