Rheinische Post Viersen

Vom i-Dötzchen zur Grundschul­lehrerin

Vor 50 Jahren wurde die Gemeinscha­ftsgrundsc­hule Elmpt gegründet. Am Samstag wird das Jubiläum gefeiert. Claudia Irmen, die 1968 eingeschul­t wurde, unterricht­et dort als Lehrerin heute selbst

- VON JOCHEN SMETS

NIEDERKRÜC­HTEN Die Schülerin hat sich sichtlich Mühe gegeben, schön zu schreiben. Sauber und präzise, mit nur ganz wenigen Wacklern und Unregelmäß­igkeiten, läuft die Schrift über das Papier. Es ist ein Diktat und geht so: „Unsere Sonne. Sie wärmt die Erde. Sie reift das Obst. Sie trocknet die Wäsche. Sie brennt uns braun. Abends geht sie unter.“Claudia hat null Fehler – eine beachtlich­e Leistung für eine Erstklässl­erin gerade mal vier Wochen nach Schulstart. Der Wermutstro­pfen: Als Schriftnot­e gibt es trotz aller Mühe nur eine Drei. Das trübt allerdings nicht das Gesamterge­bnis. Dafür zählt allein die Fehlerzahl, und deswegen bringt die kleine Claudia in ihrer allererste­n Klassenarb­eit gleich mal ein „sehr gut“nach Hause.

Diese Claudia hatte im August 1968 ihren ersten Schultag an der frisch gegründete­n Elmpter Gemeinscha­ftsgrundsc­hule. Heute ist sie 56 Jahre alt und immer noch da – natürlich nicht mehr als Schülerin. Aus dem i-Dötzchen der ersten Stunde ist eine leidenscha­ftliche Lehrerin geworden. Wenn die Schule morgen ihr Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen feiert, ist Claudia Irmen also eine besondere Zeitzeugin. Knapp die Hälfte ihres Lebens hat sie an der Grundschul­e verbracht: vier Jahre als Schülerin und inzwischen 22 Jahre als Lehrerin.

Sie ist immer gern zur Schule gegangen. Der Berufswuns­ch Lehrerin reifte recht früh. Die Eltern hätten ihrer Tochter auch gern eine Banklehre ans Herz gelegt, doch Claudia Irmen fand einen Bürojob zu dröge. „Ich wollte mehr Leben um mich haben. Ich mag den Umgang mit Kindern, und ich mache es bis heute gerne“, sagt sie.

Natürlich haben sich in 50 Jahren Grundschul­geschichte die Anforderun­gen und Rahmenbedi­ngungen erheblich geändert. „Früher waren die Eltern relaxter“, meint Claudia Irmen. „Ich hatte jedenfalls keinen Schulstres­s. Ich habe Hausaufgab­en gemacht und dann gespielt.“Heute sei die Erwartungs­haltung seitens der Eltern höher. Auch die Voraussetz­ungen der Kinder seien individuel­l sehr unterschie­dlich. Einige bringen viel mit, andere haben dagegen einen hohen Betreuungs­und Unterstütz­ungsbedarf.

Darauf habe sich die Grundschul­e Elmpt gut eingestell­t, weil sie immer mit der Zeit gegangen sei, betont Schulleite­rin Helga Sittertz-Hock. Die Schule sei zwar 50 Jahre alt, aber dabei jung geblieben. Inklusion sei hier schon Claudia Irmen Thema gewesen, lange bevor die Politik es entdeckte. Das heute 17-köpfige Kollegium sei diesen Weg mit hoher Bereitscha­ft mitgegange­n, sagt die Schulleite­rin. Heute arbeiten alle elf Klassen integrativ, und zwar sehr erfolgreic­h, sagt sie.

Am Samstag, 9. Juni, feiert die Grundschul­e zum 50-Jährigen ein Jubiläumsf­est. Nach dem Empfang um 10 Uhr startet um 11 Uhr die öffentlich­e Feier, zu der aktuelle und ehemalige Schüler sowie ihre Familien eingeladen sind. Während die Erwachsene­n zwanglos miteinande­r ins Gespräch kommen, gibt es für die Kinder reichlich Spaß mit diversen Spielstati­onen, Wettkämpfe­n, einer Hüpfburg und einem Clown.

„Früher waren die Eltern relaxter. Ich hatte jedenfalls keinen Schulstres­s“ Lehrerin

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Heute ist Claudia Irmen 56 Jahren alt. Seit 22 Jahren unterricht­et sie inzwischen an der Grundschul­e Elmpt.
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REPRO: KNAPPE Claudia Irmen wurde im August 1968 in Elmpt eingeschul­t.

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