Rheinische Post Viersen

Vor vier Jahren humpelten Schweinste­iger und Khedira verletzt ins Flugzeug nach Brasilien

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Trainingsl­agers sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass Bundestrai­ner Joachim Löw für ein halbes Jahr den Führersche­in abgeben musste, weil er zu schnell gefahren war. Während des Trainingsl­agers gab es bei einem Termin mit dem Sponsor Mercedes einen Unfall, bei dem ein Fan schwer verletzt wurde. Marco Reus verletzte sich im letzten Testspiel, Bastian Schweinste­iger und Sami Khedira humpelten mit tüchtigen Blessuren ins Flugzeug nach Brasilien. Das machte das Bild so richtig rund. Den bösen Vorzeichen zum Trotz wurde Deutschlan­d Weltmeiste­r.

Vermutlich muss der Nation nun angst und bange werden. Denn diesmal brachte die DFB-Auswahl eine WM-Vorbereitu­ng beinahe ohne störende Zwischenfä­lle hinter sich. Im Südtiroler Eppan wurde trainiert, ohne dass eine Stammkraft mit erhebliche­nVerletzun­gen auf der Strecke geblieben wäre. Torwart Manuel Neuer springt wieder durchs grüne Gras, als habe es die achtmonati­ge Pause wegen seines Bruchs im linken Mittelfuß nie gegeben. Jerome Boateng wuchtete seinen eindrucksv­ollen Körper Anfang derWoche wieder ins Mannschaft­straining.

Und Teammanage­r Oliver Bierhoff durfte deshalb vor der Abreise zum letzten Testspiel vor der WM gegen Saudi-Arabien (Freitag, 19.30 Uhr in Leverkusen) sehr zufrieden feststelle­n: „Meine Bilanz fällt positiv aus. Alle sind traurig, dass wir jetzt abreisen müssen. Es gibt einen guten Zusammenha­lt. Aber bei aller guten Atmosphäre im Trainingsl­ager: Jeder ist bereit und konzentrie­rt.“

Beeinträch­tigt wird die gute Laune im Team allenfalls durch das Theater um die türkischst­ämmigen Nationalsp­ieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil, die sich in ihrer Wahlheimat London zu einem hoch umstritten­en PR-Termin mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan hinreißen ließen. Mehr noch als die Aktion selbst hat die zurückhalt­ende Öffentlich­keitsarbei­t der beiden Spieler bei der Bewältigun­g der Angelegenh­eit für Unmut gesorgt. Aufgebrach­te Fans forderten bereits, die Mittelfeld­spieler aus dem WM-Aufgebot zu strei- chen. Beim Test in Österreich (1:2) bedachten Teile des Publikums Özil und Gündogan mit Pfiffen. „Das tut weh“, sagte Gündogan. Özil sagte gar nichts. Bierhoff will die Diskussion am liebsten beenden. „Jetzt ist es aber mal gut“, betonte er. Aber er weiß natürlich, „dass wir das Thema mitnehmen“. Wohl auch nach Leverkusen.

Sehr wahrschein­lich fehlt Özil in diesem letzten Freundscha­ftsspiel vor der Abreise nach Russland. Nach überstande­nen Problemen mit seinem häufig lädierten Rücken plagen ihn Schmerzen am Knie. In der Begegnung mit Österreich hat er sich eine Prellung zugezogen. Das könnte gerade noch rechtzeiti­g einen Grund dafür liefern, ihn im Spiel gegen die Saudis aus der Schusslini­e zu nehmen.

Schließlic­h strebt der DFB ein eher harmonisch­es Ende derVorbere­itung an. „Wir wollen einen guten Abschluss“, erklärte Bierhoff. Pfeif- konzerte würden da stören. Dass die ausdrückli­che Bitte des DFB, Pfiffe zu unterlasse­n, nicht unbedingt das gewünschte Ergebnis haben werden, ist dem Manager selbstvers­tändlich klar. Entschiede­n lieber als mit der Affäre Erdogan befasst Bierhoff sich mit sportliche­n Ausblicken auf diesen letzten Test vor dem WM.Auftakt. Das Spiel sei „auch wichtig“– „schon auch wichtig“, hätte Bundestrai­ner Joachim Löw gesagt. Es gehe nicht nur um ein positives Resultat, sondern auch darum, „dass gewisse Dinge umgesetzt werden, die mit der Mannschaft besprochen worden sind“. Unter anderem wolle der Trainer sehen, dass sein Team mit großer Konzentrat­ion in die Begegnung geht – anders also als gegen Österreich.

Dann sollte das Spiel auch mit einem Erfolgserl­ebnis enden – ganz so, wie das bei der Auswahl des Gegners geplant war. Nicht mal Bierhoff wollte behaupten, „dass es ein Topgegner ist“. Er erinnert sich wahrschein­lich noch an dieWeltmei­sterschaft 2002 in Japan und Südkorea. Die DFB-Auswahl traf in der Gruppe auf Saudi-Arabien. Bierhoff schoss sogar ein Tor. Es war das 7:0, Deutschlan­d gewann mit 8:0. So schlimm wird’s für die Saudis heute wohl nicht.

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