Die Zinswende lässt auf sich warten
Mit Spannung blicken die Ökonomen nach Riga, wo nächste Woche der Rat der Europäischen Zentralbank tagt. In Lettland wollen EZB-Präsident Mario Draghi und seine Kollegen den neuen Kurs in der Geldpolitik festlegen. Eine Frage, die darbende Sparer und verspätete Bauherren gleichermaßén interessiert. Die einen hoffen, dass die Leit- und irgendwann auch die Sparzinsen wieder hochgehen. Die anderen fürchten, dass sich die Zeit des billigen Baugeldes dem Ende zuneigt. Beide Zinsen werden von weiteren Faktoren beeinflusst. Die Leitplanken aber legt die EZB fest. Und die freut sich, dass die Inflation in der Eurozone im Mai endlich wieder bei 1,9 Prozent und damit beim Zielwert ist.
Doch Notenbanker sind vorsichtig. Sie werden auch in Riga nicht durchstarten, sondern – wenn es gut läuft – den Termin für den Ein-
Die EZB betreibt „Tapering“– einen nur schrittweisen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik.
fen. Geldpolitiker nennen so die schrittweise Reduzierung ihrer expansiven Politik. Den Leitzins wird die EZB noch einige Zeit bei null lassen, als erstes will sie Anleihekäufe zurückfahren. Damit übt sie indirekt wieder Druck auf die Zinsen nach oben aus.
Hoffnung auf eine rasche Wende sollten Anleger sich nicht machen. Draghi, dessen Amtszeit im Herbst 2019 endet, wird nicht kurz vor Schluss noch eine Zuspitzung der Euro-Krise wollen. Zugleich ist mit Italien ein alter Krisenherd wieder aufgeflammt: Die Risikoprämien auf italienische Anleihen ziehen an. Obwohl ihm Staatsfinanzierung verboten ist, wird Marios Marathon-Team in der Geldpolitik noch behutsamer abtrainieren. Zum Leidwesen der Sparer.