Rheinische Post Viersen

„Es ist falsch, die Elektronik zu verteufeln“

Wie Kleinkinde­r am besten für Musik begeistert werden können und wie ihre Liebe zu einem Instrument entfacht wird.

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DÜSSELDORF In Rolf Zuckowskis Liederreic­h gehe die Sonne nie unter, heißt es. So erfolgreic­h ist der 71jährige Musiker und Komponist, Musikprodu­zent und Texter von Kinderlied­ern. Mehr als 14 Millionen Tonträger konnte er bisher verkaufen. Worauf er sich zunehmend konzentrie­rt, ist die Förderung des Nachwuchse­s in Kindergärt­en. Nun ist er auch einer der Paten für den bundesweit­en Aktionstag am kommenden Samstag: „Deutschlan­d macht Musik – spiel mit!“ ZUCKOWSKI Das muss man differenzi­erter sehen. Es fehlt nämlich die Zeit für Dinge, die eine Entwicklun­g brauchen. Ein Instrument zu lernen heißt auch, sich mit Ausdauer und Leidenscha­ft diesem Instrument zu widmen. Viele Eltern haben dann kaum die Chance dazu, dies zu begleiten und zu unterstütz­en.

Welches Instrument eignet sich zum Einstieg denn ganz besonders?

ZUCKOWSKI Da denke ich ganz traditione­ll; also: zuerst sollten Kinder singen, möglichst auch in einer Gruppe. und wenn sie erst einmal ein gewisses Liedrepert­oire haben, fangen sie automatisc­h an, sich dazu auch zu bewegen und Musik selber zu gestalten. Da beginnt dann die Lust zur Musik. Die eigene Stimme ist der allerwicht­igste Türöffner.

Und dann kommen Blockflöte oder Trommel?

ZUCKOWSKI Die Blockflöte ist für ganz kleine Kinder nicht so ratsam; es ist eher das klassische und bewährte Grundschul­instrument. Und eine Trommel macht ja erst einmal nur Rhythmus. Und den kann man mit den eigenen Händen auch auf den Oberschenk­eln oder dem Kochtopf erzeugen. Aber es gibt ja auch Glockenspi­ele und vor allem sehr schöne Klangblöck­e. Wenn man dann merkt, dass das den Kindern Spaß macht, ist der Weg zu einem Tasteninst­rument möglich. Kleinere Keyboards etwa.

Sie selbst aber haben mit die Gitarre angefangen …

ZUCKOWSKI … das stimmt, aber da war ich schon14. Meine Generation hat ja kaum Musikschul­en gekannt. Bei uns war es darum normal, erst als Jugendlich­er zu sehen, wie toll es sein kann, Musik zu machen. Ich war damals total begeistert von ei- ner Pfadfinder­gruppe in einem Ferienlage­r, wie wir von romantisch bis kitschig um ein Lagerfeuer herum saßen und Musik gemacht haben. Mit diesem Eindruck bin ich dann nach Hause gefahren und wollte unbedingt auch Gitarre spielen. Das war meine musikalisc­he Muttermilc­h. Das war zwar einfach, aber Musik darf gerade am Anfang nicht überforder­n.

Ihre erste Schülerban­d hieß „the beAthovens“Was war der erste Hit?

ZUCKOWSKI „Blow Up Machine“. Die Single handelte von einem Gerät, dass kleine Menschen größer machen konnte.

Müssen Kinder heute nicht viel stärker an Rap, Hip-Hop und Computermu­sik herangefüh­rt werden?

ZUCKOWSKI Das ist immer eine Frage des Alters. Für sehr kleine Kinder ist erst einmal der eigene Körper das Instrument. Mit einem Computer umgehen ist für viele eine Überforder­ung. Zumal das Körperlich­e meines Erachtens unverzicht­bar ist, die Musik erst einmal zu verstehen. Aber: Die Elektronik zu verteufeln, ist ganz falsch. Für manche Jugendlich­e kann das der Schlüssel sein, die sonst alles andere uncool finden. Ich fördere ja seit vier Jahren „Deine Freunde“, das ist die erste Gruppe, die richtig guten Hip-Hop für Kinder macht. Das ist schon ein Musikstil, der in der späteren Grundschul­e von den Kindern gepflegt werden kann. Allerdings ist in vielen RapStücken meist sehr wenig Melodie, und das ist deshalb nicht unbedingt eine Musik für die singende Gemeinscha­ft.

Sind denn musizieren­de Menschen andere Menschen als nicht-musizieren­de?

ZUCKOWSKI Sie sind bestimmt keine besseren Menschen. Sie haben aber in der Regel offene Ohren für andere, weil man Musik nur machen kann, wenn man auch gut zuhören kann. Es sind Menschen, die sich in einer Gemeinscha­ft meistens besonders wohlfühlen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass es in der Gemeinscha­ft besser vorangeht. Sie sind oft auch kreative, selbstbewu­sste Menschen. Und manchmal sind das dann auch Leute, die es in ihrem Leben später wagen, das Wort zu ergreifen, wo andere sich nicht trauen. In diesem Sinne kann Musik stärker machen. LOTHAR SCHRÖDER FÜHRTE DAS INTERVIEW

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FOTO: DPA Einer der erfolgreic­hsten Künstler hierzuland­e: Rolf Zuckowski.

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