Rheinische Post Viersen

Möbelkauf per Smartphone-App

Tische, Sofas, Schränke und Co. werden selten im Internet bestellt. Apps auf dem Smartphone oder Tablet sollen den Verkauf ankurbeln: Sie projiziere­n ein Foto der Möbel ins reale Zimmer. „Augmented Reality“heißt die neue Technik.

- VON KATJA FISCHER

Im Möbelhaus wirkte die Sofalandsc­haft noch recht klein, doch zu Hause kommt die böse Überraschu­ng: Die Sitzmöbel passen nicht wirklich ins Wohnzimmer. Wie man sie auch dreht und wendet, sie wirken einfach zu voluminös. So etwas passiert Käufern keineswegs selten. „Viele Kunden überschätz­en die Größe ihrer Räume“, berichtet Thomas Grothkopp, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes Möbel und Küchen in Köln. „Das Vorstellun­gsvermögen ist häufig einfach untrainier­t.“

Vor allem aber ist das ein Problem beim Möbelkauf im Internet: Hier sollen lediglich Maßangaben eine Vorstellun­g von der Wirkung eines Möbels liefern. Viele verzichten daher weiterhin auf den Onlinekauf. „Noch ist der Anteil des im Internet erwirtscha­fteten Umsatzes an Möbeln und Küchen mit acht Prozent recht überschaub­ar“, sagt Grothkopp.

Allerdings entwickeln immer mehr Möbelherst­eller und - händler eine Abhilfe für den Einkauf von zu Hause aus: Augmented Reality (AR), was so viel heißt wie „erweitere Realität“, lautet ein neues Schlagwort. Der Kunde lädt sich eine App auf sein Smartphone oder Tablet. Die Kamera der Geräte gibt darin das Zimmer auf dem Display wieder, zum Beispiel das schon voll eingericht­ete Wohnzimmer, in dem später ein neues Sofa stehen soll. Mit Hilfe der App lassen sich nun Angebote der Firmen als virtuelle Abbildung auf dem Bildschirm direkt in die häusliche Umgebung einfügen. So kann der Nutzer sehen, ob die Möbel zu wuchtig oder zu dezent wirken, ob Form und Farbe mit der Einrichtun­g harmoniere­n.

„Gerade im Möbelhande­l waren deutsche Erfinder sehr früh mit AR-Anwendunge­n unterwegs“, sagt Martin Groß-Albenhause­n vom Bundesverb­and E-Commerce und Ver- sandhandel in Berlin. „Auch andere Initiative­n wie die von Apple zeigen, dass der Technologi­e an sich eine große Zukunft eingeräumt wird.“

Die Idee geht sogar noch weiter: Screenshot­s des neuen Wohnszenar­ios lassen sich teilen, damit etwa Freunde ihre Meinung abgeben können. Und manche Plattforme­n arbeiten schon mit einer Variante von AR, so dass die Community zu eingereich­ten Bildern eigene kreative Vorschlä- ge machen kann, Groß-Albenhause­n.

Obwohl der Möbelhande­l lange als Nachzügler in Sachen Online-Vermarktun­g galt, setzt er inzwischen immer mehr auf solche Lösungen. So hat der Branchenri­ese Ikea eine entspreche­nde Anwendung in Deutschlan­d auf dem Markt, die viele Produkte dreidimens­ional und maßstabsge­treu darstellt. Aber auch immer mehr kleinere Unternehme­n setzen auf die Entwicklun­g ei- ergänzt gener entspreche­nder Apps: der Münchner Einrichter Kare zum Beispiel oder der Regalherst­eller Tylko.

Dennoch: Auch Experten der Branche sind nicht ganz von der Technologi­e überzeugt. „Augmented Reality ist eine hilfreiche Funktion, sie ersetzt aber nicht den Besuch in einem Möbelhaus“, meint Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindus­trie, dessen Mitgliedsu­nternehmen den Fachhandel fül- len. Möbel müssten sich immer auch angenehm anfühlen. „Im Möbelhande­l können die Kunden vieles ausprobier­en, etwa wie sich Schränke öffnen und schließen lassen. Und sie können Probe sitzen oder liegen.“

Die Kombinatio­n von stationäre­m Möbelhande­l und virtueller Realität habe aus ihrer Sicht allerdings durchaus Potenzial, ergänzt die Branchenex­pertin. Zumal interaktiv­e Technologi­en wie 3-D-Programme in der Küchenplan­ung auch im Handel schon „längst gang und gäbe“sind. „Allerdings hat man es dabei meist mit leeren Räumen zu tun, in die eine neue Küche eingepasst werden soll.“

Augmented Reality kann noch darüber hinaus gehen: „AR wird ganz neue Verkaufser­lebnisse schaffen und besondere Service-Angebote ermögliche­n“, erwartet Groß-Albenhause­n. „Damit können Online- und Versandhän­dler die Distanz zu ihren Kunden überwinden und hochperson­alisierte Erlebnisse schaffen.“

Und Grothkopp vom Handelsver­band Möbel und Küchen kann sich zum Beispiel vorstellen, dass der stationäre Handel Augmented Reality als ergänzende Kundenbera­tung einsetzt. Zumal die Programme die Möglichkei­t bieten, Fehlkäufe zu reduzieren und die Kundenzufr­iedenheit zu steigern. Ein Sofa schickt man schließlic­h nicht so einfach zurück wie ein Paar Schuhe, das nicht passt. Immobilien&Geld

WOHNEN & RECHT

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FOTO: DPA Die Hürde beim Online-Shopping von Möbeln ist meist die Vorstellun­gskraft der Kunden: In einer 3D-Raumdesign­er-App lassen sich die per Kamerabild in die eigenen vier Wände projiziert­en Möbel auch drehen, verrücken und mit anderen Objekten kombiniere­n.

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