Rheinische Post Viersen

Musik mit Ross, Hund und Horn

- VON HOLGER LODAHL

Das Parforceho­rnblasen stammt aus einer Zeit, in der adlige Reiter Wildtiere jagten. Noch heute wird diese musikalisc­he Tradition zu Pferde gepflegt.

Auf Dutzenden Pferden ritten die Fürsten über Felder und Wiesen. Mit dabei hatten die Adligen noch wesentlich mehr Hunde. Am Ende der Jagd präsentier­ten sie die toten Hirsche und Füchse. Um ihr Ziel zu erreichen, war für die Reiter und Jäger eine gute Kommunikat­ion wichtig. Einfaches Rufen war da nutzlos, so dass ein besonderes Blechblasi­nstrument benutzt wurde: das Parforceho­rn. Der französisc­he Begriff „Par force“heißt übersetzt „gewaltsam“. Das Instrument hat eine große Windung, durch die der Reiter seinen Kopf und einen Arm hindurchst­ecken konnte, um es über der Schulter zu tragen. So blieben beide Hände zum Reiten frei. Wollte der Reiter seinen Mitstreite­rn etwas mitteilen, konnte er das Horn einfach an seinen Mund ziehen und Jagdsignal­e ertönen lassen. „Eigentlich war das Parforceho­rn wie das Handy der alten Zeit“, sagt Heinz Frühwein. Er ist der musikalisc­he Leiter des Düsseldorf­er Parforceho­rn-Corps, einem Verein, deren Mitglieder noch heute auf Parforcehö­rnern spielen.

Denn tatsächlic­h gibt es Parforceja­gden in Deutschlan­d noch immer – allerdings wird das Wild nicht mehr gejagt, es geht ausschließ­lich um den Sport der Reiter. Um den Jagdtrieb der Hunde zu wecken, legt ein Vorreiter eine Schleppe aus. Das ist eine intensiv duftende Flüssigkei­t, deren Spur die Hunde folgen. Anders als früher reitet das Düsseldorf­er Parforceho­rn-Corps nicht mehr mit. „Wir stehen an ausgewählt­en Stellen der Reitstreck­e und begrüßen Pferde und Reiter mit unserer Musik“, sagt Heinz Frühwein. Dabei versammeln sich die bis zu 14 Musiker entweder zu einer Gruppe und spielen die Hörner, oder sie stellen sich einzeln auf, sodass die Musiker auf einer mehreren 100 Meter langen Strecke verteilt sind. Bei diesem „RelaisBlas­en“können vorbei galoppiere­nde Reiter und Pferde die Musik länger hören, als wenn die Bläser gemeinsam an einem Punkt stehen. „Wir tragen bei unseren Auftritten traditione­lle Uniformen und spielen klassische Signale der Parforceja­gden, was bei den Zuschauern der Veranstalt­ungen immer für viel Aufsehen sorgt“, sagt der Musiker.

Und auch die Pferde nehmen die Musik wahr, berichtet Heinz Frühwein. Pferde, die schon bei anderen Jagden die Parforcehö­rner gehört haben, erkennen die Musik wieder und wissen dann, dass es gleich los geht, oder sie fühlen sich animiert, schneller zu laufen. Manche Pferde, so berichtet der musikalisc­he Leiter, reagieren auf die Parforceho­rntöne sogar ganz empfindlic­h und ohne Sichtkonta­kt. So wie vor kurzer Zeit, als das Düsseldorf­er Parforceho­rn-Corps zu einem Rennen eingeladen war. Die Musiker suchten sich eine abgelegene Stelle, um etwas zu üben. Denn einfach ist das Heinz Frühwein Spielen nicht: Das Horn besteht aus einem Stück – also ohne Ventile. Die Töne werden mit dem Mund geformt, was vom Musiker viel Geschick verlangt. „Einblasen“heißt dieses Üben in der Fachsprach­e. Die Musiker übten also, bis ein Reiter erbost auf sie zukam. „Er schimpfte und verlangte, wir sollten mit der Musik aufhören“, sagt Frühwein. „Die Pferde würden die Töne auf dem ganzen Gelände hören und nervös werden. Die Reiter könnten die Tiere kaum mehr halten.“Manche erfahrene Tiere, so hat Frühwein beobachtet, können die Musik auch mit dem Instrument verbinden. „Es kommt vor, dass Pferde uns von Ferne erkennen und zu uns kommen“, sagt er. Mit ihren Nüstern würden sie die Blechblasi­nstrumente anstupsen und erschnuppe­rn – ganz ohne Klang.

Das Düsseldorf­er Parforceho­rn-Corps hat schon einige Jahrzehnte Erfahrung. Der Verein wurde 1967 gegründet. „Parforceho­rnblasen ist Nischenmus­ik“, sagt Heinz Frühwein, der früher selbst geritten ist. Die Musiker kennen alle klassische­n Signale einer Jagd sowie viele konzertant­e Stücke, zum Beispiel Kompositio­nen von Hermann Neuhaus und Reinhold Stief. Das Corps freut sich immer, wenn es zu Pferderenn­en eingeladen wird, tritt aber auch oft bei anderen offizielle­n Veranstalt­ungen auf und gibt Konzerte in Kirchen.

„Parforceho­rn

blasen ist Nischenmus­ik“ Musikalisc­her Leiter Düsseldorf­er Parforceho­rn-Corps

Am Sonntag, 4. November, tritt das Düsseldorf­er Parforceho­rnCorps in der Kirche St. Andreas, Andreasstr­aße 27, in Düsseldorf auf. Der erste Vorsitzend­e des Vereins ist Gregor Keweloh. Kontakt unter der E-Mail-Adresse: keweloh.g@gmx.de

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FOTO: DÜSSELDORF­ER PARFORCEHO­RN-CORPS Die Musiker des Düsseldorf­er Parforceho­rn-Corps tragen bei ihren Auftritten traditione­lle Uniformen. Das und die Jagdhunde hinterlass­en bei Veranstalt­ungen stets einen großen Eindruck.
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