Hausärzten fehlt der Nachwuchs
Auch in Düsseldorf droht Ärztemangel. Das Uniklinikum möchte mit einem Ärzteverbund gegensteuern.
Immer weniger Medizinstudenten können sich eine Zukunft als Hausarzt vorstellen. Eine Entwicklung, die die Kassenärztliche Vereinigung mit Sorge beobachtet. Zwar sind im Moment noch alle 420 Hausarztpraxen in Düsseldorf besetzt, aber jeder dritte niedergelassene Allgemeinmediziner ist älter als 60 Jahre. „Es ist höchste Zeit zu handeln“, warnt Stefan Wilm, Professor und Leiter des Instituts für Allgemeinmedizin am Uniklinikum. Noch zähle Düsseldorf zu den begehrten Metropolen, die im Gegensatz zu anderen Städten und vor allem ländlichen Regionen, keinen akuten Mangel zu beklagen hätten. Aber das kann sich bald ändern.
Drei Medizinstudenten, drei Berufswünsche: Sandrina (23) will Neurochirurgen werden, Sascha (26) Radiologe, Milena (20) Kinderkardiologin – wie ihr Vater. Aber Hausarzt? Das plant keiner der drei angehenden Mediziner: Zu viel Arbeit, zu geringes Einkommen, lautet ihre Einschätzung. „Dabei ist das doch der schönste Arztberuf überhaupt“, meint Detlef Maurer, der seit 2002 eine Praxis an der Hammer Dorfstraße betreibt. Seinen Enthusiasmus will er an die Jungen weitergeben, deshalb beteiligt er sich an einem Modellprojekt des Instituts für Allgemeinmedizin des Uniklinikums.
Dabei geht es unter anderem darum, dem Nachwuchs früh Praxiserfahrung zu vermitteln. Wie lernen künftige Mediziner, einen Patienten zu untersuchen, verständlich zu reden, eine schlimme Diagnose mitzuteilen? „Medizinisches Wissen können wir voraussetzen, aber es gibt Dinge, die erfährt man nur im direkten Umgang mit dem Menschen“, sagt Stefan Wilm. Diese Erkenntnis war die Basis für einen Ver- bund, an dem sich mittlerweile 280 Hausarztpraxen in Düsseldorf und Umgebung beteiligen. Das Ziel: Regelmäßige Praktika sollen das Interesse der Studierenden wecken.
Auch Erhan Karsli ist noch unentschlossen, der Student im sechsten Semester findet es schwierig, sich schon auf eine Fachrichtung festzulegen, erhofft sich Orientierungshilfe durch das Praktikum, dass er bei Maurer in Hamm absolviert. Erstes Fazit nach ein paar Tagen Praxiserfahrung: „Ich bin beeindruckt von der Nähe, die ich hier zwischen Arzt und Patienten erlebe.“Und vom Spektrum, mit dem ein Hausarzt tagtäglich konfrontiert ist – „vom Schnupfen bis zur Sterbebegleitung“, so Detlef Maurer. Er möchte seinen Praktikanten vermitteln, „dass dies ein absolut beglückender Beruf ist“.
Dass sich immer weniger junge Kollegen für Allgemeinmedizin entscheiden, sieht der 51-Jährige mit Sorge. Für die allgemeine Versorgungslage, aber auch für sich ganz persönlich. „Wenn ich in etwa 15 Jahren aufhören möchte, glaube ich nicht, dass ich dann noch einen Nachfolger für meine Praxis finden werde.“Dann dürfte der Mangel, der in anderen Bundesländern längst Alltag ist, auch Großstädte in NRW erreicht haben.
Deshalb wird in Düsseldorf der bundesweit neue Modellstudiengang praktiziert, dessen Ziele auch der „Masterplan Medizinstudium 2020“der Bundesregierung verfolgt: neue Unterrichtskonzepte, in denen die Ausbildung zum Allgemeinmediziner deutlich stärker berücksichtigt wird, mit fünf verpflichtenden Praktika vom zweiten bis zehnten Semester in einer Hausarztpraxis.
Stefan Wilm möchte noch mehr Kollegen ermuntern, an diesem Projekt teilzunehmen. Auch in deren eigenem Interesse: „Durch die Zusammenarbeit mit einem angehenden Kollegen aktiviert man wieder die Fähigkeit, seinen Alltag in der Praxis zu reflektieren.“Außerdem könne man seine langjährige Erfahrung direkt weitergeben. Sein Kollege von der Hammer Dorfstraße würde am liebsten jeden davon überzeugen, Hausarzt zu werden.“Und sein Praktikant? Erhan Karsli kann sich mittlerweile eine Zukunft als Allgemeinmediziner durchaus vorstellen.