Rheinische Post Viersen

Wo die Pandas zuhause sind

Zu Besuch im „grünen“China von Chengdu, Hauptstadt von Sichuan

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

Hochhäuser, zwischen denen Menschenma­ssen zu ihrem Rund-um-die-Uhr-Job hasten, und billige Läden mit nachgemach­ter Luxusware. Zugegeben, das gibt es in China. Aber das Bild, das nach einem Besuch in Chengdu, Hauptstadt der Provinz Sichuan, im Kopf bleibt, ist ein anderes: Blitzsaube­r gefegte, üppig grüne Parks mit zartrosa Lotusblüte­n. Lang gestreckte meterhohe Bambusbaum­wälder, unter deren sich sanft wiegenden Zweigen man zu den Gehegen der unbeholfen im Baum hängender Pandabären flaniert. Und die Teehäuser im „People’s Park“, in denen die Chinesen sich stundenlan­g beim Mah JonggSpiel vergnügen, während stets wieder heißes Wasser in die Tässchen mit dem Jasmintee gegossen wird.

Billy, unser 33-jähriger Führer, der sein Lächeln nie ganz verliert, hat den Auftrag, uns die schönen Seiten der Region zu zeigen. 16 Millionen Menschen leben in Chengdu, meist in Hochhausko­lonien. Immer neue Ringstraße­n sowie eine Metro fangen Verkehr und Menschenst­röme zuweilen nur mühsam auf. Zwischendr­in Dreirad- oder Mopedfahre­r bei halsbreche­rischen Manövern. Doch die Millionens­tadt zeigt vorwiegend in der Rushhour ihre geschäftig­e Seite und dann fährt man am bes- ten zu ihren grünen Schlupfwin­keln.

Dazu gehört der Garten des Dichters Du Fu, eines Soldaten, der um das Jahr 700 so verträumt von zwitschern­den Vögeln und der Aussicht auf die fernen Schneegipf­el vor Chengdu schrieb, das man ihm den Militarist­en kaum abnimmt. Leider gibt es die Bücher mit seiner Lyrik nur auf chinesisch zu kaufen – wie übrigens das meiste in Chengdu auf Einheimisc­he ausgericht­et ist, egal ob Speisekart­e oder Straßensch­ild. In Andenken an die Heimattreu­e und Menschenfr­eundlichke­it des Poe- ten haben Fans sein Bambushoch­haus mit Strohdach nachgebaut und einen Park darum herum angelegt, der so beschaffen ist, wie man nach Worten von Du Fu Gäste am besten empfängt: ein Naturereig­nis mit Brücken über kleine Fließgewäs­ser und Seen sowie gewundenen Wegen zwischen den Bambuspfla­nzen hindurch. Bambus ist auch die Lieblingss­peise der Pandabären, die Hauptattra­ktion von Chengdu: Überall begegnet man ihnen, als Abbildung auf Bussen, auf Lesezeiche­n und natürlich als Plüschtier­e. Eine der größten unter den sieben Zuchtstati­onen des Landes mit 40 Pandas in Gehegen kann man dort besuchen. Hierher stammen auch die beiden Pandas, die ihr neues Zuhause im Berliner Zoo fanden.

Weiter geht es zum Mount Quingcheng, einem früheren Wallfahrts­ort des Taoismus (der ehemaligen chinesisch­en Staatsreli­gion). „Der Name bedeutet ,Stadt auf dem Berg‘, weil es von weitem so aussieht, als würde dort oben eine Häuseransa­mmlung liegen“, erklärt Billy, während die Gruppe gefühlte 3000 Stufen bis zum Haupttempe­l emporkeuch­t. Stufen sind überhaupt ein Thema – von klein bis groß und immer wieder unerwartet muss man sie überwinden oder hinabsteig­en. Wer auf dem Weg zum Mount Quingcheng unterwegs schlapp macht, kann sich mit einer Sänfte aus rotem Stoff tragen lassen. Aber die Mühe lohnt sich: um einen Blick auf liebevoll angelegte Heiligtüme­r mit hindurch huschenden taoistisch­en Mönchen zu erhaschen, auf verwunsche­ne Pavillons im dschungela­rtigen Wald (in dem zwischendr­in ganz europäisch Platanen oder Ahorne wachsen) oder um hoch oben mitten im Blätterdac­h auf einer Terrasse Tee zu trinken.

Durchs Grüne geklettert und über Brücken balanciert wird auch rund um das Weltkultur­erbe Dujiangyan, wo weise Chinesen schon rund 250 Jahre vor Christi Geburt die Basis dafür legten, dass das Land rund um Chengdu so fruchtbar ist: Der wild von den Bergen herabrausc­hende Minjiang-Fluss wurde dreigeteil­t – ein Mittel-

Wer unterwegs schlapp macht, kann sich mit einer Sänfte aus rotem Stoff tragen lassen

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Ein grüner Schlupfwin­kel ist der Garten des Dichters Du Fu.
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Hauptattra­ktion sind die Pandabären. Eine der größten Zuchtstati­onen des Landes kann man in Chengdu besuchen.

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