Der Roman erzählt, wie sich die politischen Abgründe des 20. Jahrhunderts auf die jüdische Familie auswirken
schiedenen Perspektiven, wie sich die politischen Abgründe des 20. Jahrhunderts auf die jüdische Familie auswirken. Wie die Billers von Moskau nach Prag und von dort aus nach Hamburg fliehen. Und wie der inzwischen in Berlin lebende Autor die lockeren Fäden sämtlicher Ge- rüchte und Geheimnisse mit Fakten und Fiktionen mischt und zu einem halbwegs stimmigen Puzzle fügt.
Wir lernen nun Billers Vater kennen, der aus dem Russischen übersetzt und nicht mehr mit seinen Brüdern sprechen mag; Tante Natalia Gelernter, die einst als Regisseurin eine große Hoffnung des tschechischen Kinos war und dann am Antisemitismus der Kulturbonzen scheiterte.
Ihr Film „Hanka Zweigová“über eine Jüdin, die den Holocaust überlebt hat und danach nur noch Spaß haben und mit Männern schlafen will, die an Krieg und Katastrophe keinen Gedanken verschwenden, gilt als eine ebenso gelungene wie gewagte künstlerische und politische Provokation.
Zum Finale der literarischen Öffnung von sechs mit Geschichten vollgestopften Koffern erzählt Maxim Biller von seiner Schwester Jelena. Auch sie hat gerade einen autobiografisch grundierten Roman über die Familien-Geheimnisse geschrieben und veröffentlicht. Jetzt lebt sie in London und kommt auf Einladung des NDR nach Hamburg, um über ihr Buch zu sprechen.Während sie mit dem Taxi vom Flughafen zum Sender fährt, erinnert sie sich an all die verschwiegenen familiären Abgründe, die ihr Leben belasten, sie überlegt, ob sie die Tür zur dunklen Kammer aus Verdrängung und Verrat vor dem Mikrofon wirklich öffnen soll.
Hatte ihr Bruder nicht einmal in einer Fernseh-Talk-Show auf die Frage, warum er so viel und so unnachgiebig über seine Familie schreibt, gesagt: „Weil ich keine Geheimnisse mag“?