Empörung über Haftbefehl im Netz
In Chemnitz wird wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt.
(rtr) DieVeröffentlichung des Haftbefehls im Zusammenhang mit der Messerattacke und den folgenden Ausschreitungen von Chemnitz hat bundesweite Empörung ausgelöst. Es könne nicht sein, dass sehr persönliche Dinge und interne Abläufe der Justiz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer am Mittwoch.
Die Staatsanwaltschaft Dresden stufte den im Internet von rechten Gruppierungen veröffentlichten Haftbefehl der Strafverfolgungsbehörde in Chemnitz als echt ein und leitete Ermittlungen wegen Verletzung eines Dienstgeheimnisses ein. Die Polizei bereitete sich auf neue Kundgebungen vor. Am Donnerstag will Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nach Chemnitz fahren. Die als rechts eingestufte „Bürgerbewegung Pro Chemnitz“hat dazu aufgerufen, den Ministerpräsidenten „zu empfangen“.
Der im Internet veröffentlichte Haftbefehl bezieht sich auf einen der beiden Migranten, die die Staatsanwaltschaft Chemnitz verdächtigt, am Wochenende einen Deutschen erstochen zu haben. Die Messerattacke war Auslöser von Protesten in Chemnitz, zu denen unter anderem rechte Gruppierungen aufgerufen hatten. In der Folge kam es am Sonntag und Montagabend zu Demonstrationen, bei denen Migranten bedroht oder mit dem Hitler-Gruß verfassungsfeindliche Symbole gezeigt wurden. AfDChef Alexander Gauland rechtfer- tigte die Ausschreitungen. „Wenn eine solche Tötungstat passiert, ist es normal, dass Menschen ausrasten“, sagte er.
Der Hohe Kommissar für Menschenrechte der Uno zeigte sich schockiert über die Ausschreitungen. In ganz Europa werde nicht genug gegen rechte Tendenzen getan, sagte Seid Raad al-Hussein. Es müssten sich mehr Stimmen erheben, um zu erklären, dass Anstachelungen zum Hass gegen Menschenrechte verstoßen. Die Stadt Chemnitz reagierte mit einer Veranstaltungsreihe auf die rechten Proteste. An den kommenden vier Montagen sollen zahlreiche Bands auftreten, darunter auch die „Toten Hosen“aus Düsseldorf.