Rheinische Post Viersen

Gute Macht der Gewohnheit

Die süße Freiheit der Ferien ist vorbei. Doch Alltagstro­tt ist auch positiv.

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Der Erfolg in dynamische­n Gesellscha­ften hängt von Einfallsre­ichtum, Innovation­spotenzial, der Lust am Neuen ab. Vielleicht hat die Gewohnheit darum ein so schlechtes Ansehen. Routine klingt nach Leerlauf, geistiger Lethargie. Dabei bedeutet das französisc­he Wort „Wegerfahru­ng“und beschreibt, welches Potenzial in allem Gewohnten schlummert.

Zur Routine kann nämlich nur werden, was ein Mensch so gut beherrscht, dass sich die Abläufe wie von selbst einstellen. Menschen, die Routinen entwickeln, müssen nicht mehr über jedes Detail nachdenken, sie machen einfach und wissen, dass es gelingen wird. Darum ist es eine Erleichter­ung, wenn etwa ein Patient erfährt, der geplante Eingriff, sei für den Arzt „Routine“oder wenn ein Handwerker erklärt, diese Reparatur habe er schon 1000-fach gemacht. Gewohnheit­en schaffen Sicherheit. Der Mensch braucht auch Phasen, da er sich auf Gewohntes verlassen und neue Kräfte sammeln kann. Natürlich liegt die Langeweile immer in der Luft, aber es kann auch wohltuend sein, eine Aufgabe zu erledigen, die man zutiefst verinnerli­cht hat. Genauso sind die Routinen des Alltags nicht nur blöder Trott. Sie geben dem Tag Struktur, schaffen Selbstvers­tändlichke­iten, Abläufe, die keine Entscheidu­ngen verlangen. Natürlich darf das Korsett nicht zu eng werden. Wer das Gefühl hat, nur noch funktionie­ren zu müssen, bekommt keine Luft mehr. Doch die Routinen, die nach den Ferien wieder einsetzen, bringen das Zusammenle­ben auch wieder in einen Rhythmus. Und gerade das Gewohnte schafft das Gerüst für einen Bau, in dem es auch Freiräume geben kann.

Darum bockt man oft innerlich, wenn die freie Ferienzeit zu Ende geht – und darf sich doch eingestehe­n, dass Routinen auch entlasten.

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