Düstere Prognose für deutsche Banken
Die Geldhäuser kämpfen mit vielen Problemen und Herausforderungen. Bei einer Bankentagung in Frankfurt hat am Mittwoch ein Analyst der Branche in Deutschland eine rabenschwarze Zukunft vorausgesagt.
Der Auftritt dauerte keine sechs Minuten. Doch die hatten es in sich. Er wolle auf der Bankentagung in Frankfurt nicht der Buhmann sein, sagte Stuart Graham zu Beginn seiner kurzen Rede. „Ich muss ihnen aber sagen, dass fast alle meine Kunden das deutsche Bankwesen für keine gute Geldanlage halten“. Graham, anerkannter Analyst von „Autonomous Research,“sprach von Investoren, die ein düsteres Bild des deutschen Bankwesens zeichneten:„Ihre niedrigen Aktienmarktbewertungen zeigen deutlich, dass Investoren große Bedenken bezüglich dieser Banken haben“.
Schwierig dürfte es nach Grahams Prognose für Sparkassen undVolksbanken werden. Deren einstige Stärke – zehntausende Filialen auch in kleineren Orten – werde in der digitalisierten Welt zunehmend zur Last. Großbanken wie die Com- merzbank und die Deutsche Bank würden darunter leiden, dass einerseits wegen der anhaltend niedrigen Zinsen im Euroraum die Renditen mager seien und andererseits Kostenmanagement und lange Entscheidungsprozesse den digitalen Wandel erschwerten.„Insbesondere die Deutsche Bank ist in den nächsten ein bis zwei Jahren in einer gefährdeten Position und braucht eine positive Entwicklung der Weltwirtschaft und die Märkte auf ihrer Seite. Leider befürchte ich, dass das nicht der Fall sein wird“.
Bei der Notwendigkeit zur Veränderung sind sich alle einig.„Der Umbruch, den wir vor uns haben, wird alles in den Schatten stellen, was wir seit 1996 erlebt haben“, räumte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ein. Wie groß der Wandel ist, lässt sich am Aufstieg des Online-Zahlungsabwicklers Wirecard ablesen. Das Technologieunternehmen wird wohl die Commerzbank im Dax ersetzen und hat die Deut- sche Bank beim Börsenwert überholt. Sewing und sein Commerzbank-Kollege Martin Zielke spielen das herunter. Zwar habe sich Wirecard erfolgreich „in einer Nische des Zahlungsverkehrs eingenistet“, doch der Vergleich mit klassischen Banken hinke, so Sewing. Er sehe das Fintech nicht als Angreifer der Großbanken.
In der Tat ist Wirecard auf die Abwicklung von Online-Zahlungen spezialisiert und betreibt so nur einen Bruchteil des Geschäfts, das klassische Banken und Sparkassen machen. An diesen Aktivitäten will Sewing bei der Deutschen Bank festhalten: Zwar sei es nicht sein Ziel, in allen Bereichen an derWeltspitze zu sein. Doch stehe die Deutsche Bank in bestimmten Bereichen international in Top-Positionen, etwa im Devisenhandel. Deshalb und weil die vielen Firmenkunden es verlangten, müsse die Deutsche Bank auch im zuletzt schwächelnden Investmentbanking aktiv bleiben. Vor allem aber müsse die globale Ausrichtung der Bank bestehen bleiben. Für den Manager ist klar: „Der Konsolidierungsdruck in Europa wird noch erheblich zunehmen.“Fusionen und Übernahmen würden kommen. „Europa braucht nicht möglichst viele Banken, Europa braucht vor allem starke Banken“, sagte Sewing. Kein Zweifel, dass er die Deutsche Bank bei den Starken verortet.
Neben der Digitalisierung sind noch weitere Herausforderungen zu meistern – die niedrigen Zinsen, die politischen Krisen, Handelsstreitigkeiten, Rückbesinnung auf Nationalismen in vielen Regionen der Welt und aktuell die Probleme in der Türkei; ganz zu schweigen vom bevorstehenden Brexit. Doch Sewing und Zielke wollen Zuversicht verbreiten. Die Commerzbank befinde sich auf gutem Weg in die digitalisierte Welt, die Deutsche Bank stünde so stabil da wie seit langem nicht, versicherte Sewing. Die Börse hat das noch nicht bemerkt.