Haftbefehl weitergegeben – Vollzugsbeamter suspendiert
DRESDEN (dpa/sn) Den im Internet veröffentlichten Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz am vergangenen Sonntag hat offensichtlich ein Dresdner Justizvollzugsbediensteter weitergegeben. Der Mann sei mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden, teilte das sächsische Justizministerium am Donnerstag mit. Über weitere Maßnahmen gegen den Mann soll nach Abschluss der strafrechtlichen Er- mittlungen entschieden werden. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung berichtet, dass sich der Mann gestellt habe.
Das sächsische Justizministerium bestätigte allerdings die Identität des Bediensteten nicht. Das teilweise geschwärzte Dokument war unter anderem auf einigen Internetseiten von Pro Chemnitz, einem Kreisverband der AfD sowie des Pegida-Gründers Lutz Bachmann verbreitet worden.
Am Mittwoch seien zahlreiche Objekte durchsucht worden, hieß es vom Justizministerium weiter. Die Ermittlungen hätten sich bald auf die Justizvollzugsanstalt Dresden konzentriert. „Die Staatsanwaltschaft Dresden hat seit gestern umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt, so dass ich davon ausgehe, dass der Fahndungsdruck auf den betroffenen Bediensteten derart hoch war, dass er sich jetzt stellte“, sagte der sächsische Justizmi- nister Sebastian Gemkow (CDU) am Donnerstag.
Der Rechtsanwalt des suspendierten Justizvollzugsbeamten veröffentlichte am Donnerstag eine Stellungnahme seines Mandanten im sozialen Netzwerk Facebook. Dort gab der Mann zu, den Haftbefehl vollständig abfotografiert zu haben. Ihm sei klar gewesen, dass er seinen Job mit hoher Wahrscheinlichkeit verlieren werde, nicht aber, dass er sich möglicherweise strafbar mache, hieß es weiter. Sein Ziel sei es gewesen,„dass die Spekulationen über einen möglichen Tatablauf ein Ende haben“.
Zuvor war bereits der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Jan Timke in den Fokus der Ermittler geraten. Er soll das Dokument rechtswidrig auf Facebook weiterverbreitet haben. „Wir haben einen Hinweis bekommen“, sagte Oberstaatsanwalt Frank Passade in Bremen. Timke ist Bundespolizist und Mitglied der rech- ten Wählervereinigung „Bürger in Wut“. Sein Dienstverhältnis bei der Bundespolizei ruht, solange er in der Bürgerschaft sitzt.
Die Ermittler durchsuchten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits am Mittwoch die Wohnung des Mannes in Bremerhaven. Darüber hatte zunächst Radio Bremen berichtet. Timke habe den Haftbefehl inzwischen von seiner Facebook-Seite entfernt, erklärte Passade.