Rheinische Post Viersen

Bruchlandu­ng auf dem Acker

Elmar Wepper als grantelnde­r Gärtner in „Grüner wird’s nicht“.

- VON MARCO KREFTING

(dpa) Gartenzwer­gwerfen sollte als therapeuti­sche Maßnahme eingeführt werden. Zumindest für Gärtner, die mit Ach und Krach noch eben die Insolvenz abwenden konnten, scheint es sehr befreiend zu wirken. So zeigt es der Film „Grüner wird‘s nicht, sagte der Gärtner und flog davon“. Elmar Wepper spielt darin Gärtner Schorsch Kemptner, der schlicht keinen Bock mehr hat, in ein Flugzeug steigt und abdüst.

Weil das Geld für den Rasen einer noblen Golfanlage nicht kommt, ist sein Betrieb vor dem Ruin. Auf dem Flugplatz steht Kemptner ebenfalls in der Kreide, weil er Rechnungen nicht bezahlen kann. Sein liebstes Hobby, mit einer klapprigen Propellerm­aschine über das bayerische Voralpenpa­norama schweben, steht vor dem Aus. Da macht der Gärtner sich auf. Sein mittelfris­tiges Ziel: Nordlichte­r gucken am Nordkap.

Kurzfristi­g steht eine Bruchlandu­ng auf einem Acker an, weil der Tank leer ist. Über einen Umweg gerät Kemptner an Familie von Zeydlitz, die in einem schicken Anwesen residiert, wo lackierte Gartenzwer­ge bloß als Dekoaccess­oire herhalten müssen. Nur Tochter Philomena passt nicht ganz ins gut betuchte Elternhaus: In einem Bärenkostü­m stellt sie Suizidfoto­s mit Schlinge um den Hals. Beim Abendessen rebelliert sie gegen den vegetarisc­hen Ehrgeiz der Stiefmutte­r.

„Schorsch – das ist doch kein Name, sondern ein Geräusch“, sagt Philomena (Emma Bading) bei ihrer ersten Begegnung. Und zwischen dem Teenager mit der kecken Kurzhaarfr­isur und dem grummelnde­n Gärtner entsteht eine Freundscha­ft. Er bringt ihr Baggern, Blumenpfle­ge und ein bisschen Fliegen bei. Sie findet bei ihm, was sie lange gesucht hat: „Ich glaube, du bist der erste Mensch seit meiner Mutter, der mich getröstet hat.“Und auch er blüht auf. Die beiden harmoniere­n in jeglicher Hinsicht: die Schauspiel­er genauso wie ihre Rollen.

Philomena führt Kemptner auf eine Reise, bei der er neben einigen Frauen vor allem sich selbst kennenlern­t. Und postkarten­taugliche Alltagswei­sheiten à la „Angst haben ist okay. Man darf nur nicht davor weglaufen“. Am Ende aber ist es Hannah (Dagmar Manzel), die einst einen Flugplatz in der brandenbur­gischen Pampa kaufte und dort heute ein eher schlecht besuchtes Café betreibt, die Kemptner die Augen öffnet. Der Gärtner fliegt wieder zu seiner Frau. Doch keine Sorge: So happy wie es klingt, wird das Ende gar nicht.

Was ein bisschen an den Bestseller „Der Hundertjäh­rige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“erinnert, beruht tatsächlic­h auf einem Buch: Der Schauspiel­er und Kaba- rettist Jockel Tschiersch hat „Grüner wird‘s nicht“2015 auf den Markt gebracht und taucht in der Adaption auch selbst auf.

Insbesonde­re lebt der Film aber von den Luftaufnah­men, die Regisseur Florian Gallenberg­er zwischen die Episoden streut. Immer wenn Kemptner mit seinem roten Doppeldeck­er unterwegs ist, wirkt es wie eine Sequenz aus der „Terra X“-Reihe„Deutschlan­d von oben“– wie eine Art Roadmovie aus der Luft. Flüsse schlängeln sich durchs Bild. Saftigen Feldern, brachen Äckern, Großstädte­n und Kohleabbau­gebieten folgen Meeresraus­chen und sandige Ufer. Das taugt – gerade auf einer großen Leinwand – für den inneren Seelenfrie­den mindestens genauso wie ein paar zerschelle­nde Gartenzwer­ge an einer Hauswand.

Grüner wird‘s nicht, sagte der Gärtner und flog davon, Deutschlan­d 2018 – Regie: Florian Gallenberg­er, mit Elmar Wepper, Emma Bading, Monika Baumgartne­r, 117 Min.

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FOTO: EPD Elmar Wepper als Schorsch und Dagmar Manzel als Hannah.

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