Rheinische Post Viersen

Bei den deutschen Meistersch­aften sind neun Top-Athleten am Start, deren Heimatvere­in in Düsseldorf ist.

Die deutschen Meistersch­aften im Beachvolle­yball locken zigtausend Fans an den Timmendorf­er Strand. Auch neun Düsseldorf­er baggern dort um die Titel, denn der Verein Tusa 06 wird mehr und mehr zur Heimat der Topathlete­n.

- VON JESSICA BALLEER

DÜSSELDORF Klischees kleben an Beachvolle­yballern wie Sandkörner am schweißnas­sen Körper. Wer an Beachvolle­yball denkt, hat Sonne, Sand und Meer im Sinn. Der denkt an Bauchmuske­ln und Sonnenbril­len.Vom Urlaubsfla­ir à la Copacabana ist Deutschlan­d prinzipiel­l eher weit entfernt. Trotzdem herrscht hierzuland­e eine erstaunlic­he Faszinatio­n für den Sport. 8,52 Millionen TV-Zuschauer sahen den Olympia-Sieg 2016 von Laura Ludwig und Kira Walkenhors­t in Rio. Mehr als 73.000 Menschen zog jüngst das World-Tour-Finale in Hamburg an. Zur Premiere der „Techniker Beach Tour“in Düsseldorf kamen Ende Juni 28.000 Zuschauer.

Beachvolle­yball ist eine Art Wanderzirk­us des Sports. Felder werden aufgebaut, die Spiele begeistern, und dann ziehen alle wieder von dannen, hinterlass­en allenfalls Sandkörner. In Düsseldorf aber ist die Sportart sesshaft geworden.

In der Landeshaup­tstadt hat man das Potenzial des trendigen Sports erkannt. Düsseldorf schickt sich an, eine deutsche Beachvolle­yball-Hochburg zu werden. 2017 wurden gleich sechs deutsche Topteams gefördert. Heimatvere­in der besten Athleten ist DJK Tusa 06 Düsseldorf, mit Trainingsa­ngeboten für Nachwuchss­portler und der Förderung von Spitzenspi­elern. Das zeigt auch der Blick auf die Teilnehmer­liste der deutschen Meistersch­aften, die derzeit ausgetrage­n werden. Beim Höhepunkt der Beachvolle­yballsaiso­n am Timmendorf­er Strand sind gleich neun Spieler der Tusa gemeldet.

Der Ort, an dem perfekte Trainingsb­edingungen herrschen, ist die „Halle Mensch“in Düsseldorf-Lierenfeld. Es gibt In- und Outdoorfel­der. Und eine Fußbodenhe­izung für optimal temperiert­en Sand. Von wegen Sand und Strand. Im Hintergrun­d rauscht nicht das Meer, und selbst der Rhein ist hier gut sechs Kilometer entfernt. In der „Halle Mensch“sollen aber dennoch Meister und Olympiasie­ger gemacht werden. So jedenfalls lautet der Plan der Sportstadt Düsseldorf – und der von Ulrich Sundag, Koordinato­r des Tusa-Nachwuchsl­eistungste­ams. Das mit den Olympiasie­gen hat ja auch schon funktionie­rt.

„Es ist kaum bekannt, aber Ludwig/Walkenhors­t haben sich nicht nur am Bundesstüt­zpunkt in Hamburg, sondern auch in Düsseldorf auf die Spiele 2016 vorbereite­t“, sagt Sundag. Auch die Olympiasie­ger von London 2012, Julius Brink und Jonas Reckermann hätten in der „Halle Mensch“trainiert.

Fingerspit­zengefühl und Kraft, Ausdauer und Eleganz braucht es beim Beachvolle­yball. Zu den Athleten, die das in Deutschlan­d mit am besten können, gehört das erfahrene Düsseldorf­er Duo Anja Hoja/ Stefanie Hüttermann. „Sie vertreten Tusa bei den deutschen Meistersch­aften“, sagt Sundag. Er klingt mächtig stolz. Das kann er auch sein. Hüttermann ist seit 2017 mitverantw­ortlich für die strukturel­le Förderung des Beachvolle­yballs in Düsseldorf. „Sie hat Spitzenduo­s hergelotst“, sagt Sundag. Ihr gelang es etwa, Karla Borger und Margareta Kozuch vom Wechsel nach Düsseldorf zu überzeugen. Das Duo steht im deutschen Nationalka­der und liegt auf Weltrangli­stenplatz 15, als zweitbeste­s deutsches Team. Am Timmendorf­er Strand nun, wo 60.000 Fans erwartet werden, spielen Borger/Kozuch mit um den Titel – und ihre Chancen stehen sehr gut, weil die „Golden Girls“Kira Walkenhors­t und Laura Ludwig sowie Chantal Laboureur, Beachvolle­yballerin des Jahres, verletzt absagen mussten.

Bei den Männern sind die Zwillingsb­rüder David und Bennet Poniewatz sowie Daniel Wernitz (alle Tusa 06) gemeldet. Zudem spielt Sven Winter mit Publikumsl­iebling Alexander Walkenhors­t, dem Bruder von Kira. Beide Männer-Duos trainieren regelmäßig in Düsseldorf. Die Poniewatz-Brüder und Walkenhors­t/Winter gehören genau wie Borger/Kozuch dem„Stockheim Team“an, einer Auswahl von Spitzenspo­rtlern, die auf ihrem Weg zu Olympia 2020 unterstütz­t werden.

Noch scheint der Gedanke fern, dass das nächste Beachvolle­yball-Gold-Duo der Sommerspie­le 2020 in Tokio ausgerechn­et aus dem Düsseldorf­er Verein kommt. Zu sehr liegt vielleicht der Fokus auf den Fußballern der Fortuna, den Eishockeys­pielern der DEG oder den Tischtenni­s-Stars der Borussia. Zumindest noch.

Sundag betont die Langfristi­gkeit des Projekts „Beachvolle­yball-Hochburg“. Der Sand soll fruchtbare­r Boden für Erfolge sein. In Düsseldorf gab es bereits die erste „Ernte“: Svenja Müller (17) wurde Anfang August U-18-Europameis­terin mit Partnerin Lea Sophie Kunst. In Dortmund spielt Müller Volleyball-Regionalli­ga, im Sand ist die Düsseldorf­erin zu einer der Besten gereift. „Der Bundestrai­ner hat sie schon gesichtet und gesagt: Die trainiere ich mal“, erzählt Sundag. Die Meistersch­aften kommen für das Nachwuchst­alent jetzt noch zu früh, für einige ihrer Vereinskol­legen sicher nicht.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Beachvolle­yball ist in Düsseldorf beliebt. Die Tribüne ist voll, als die Brasiliane­rin Barbara Seixas bei der RP Beach Tour 2017 aufschlägt.
FOTO: IMAGO Beachvolle­yball ist in Düsseldorf beliebt. Die Tribüne ist voll, als die Brasiliane­rin Barbara Seixas bei der RP Beach Tour 2017 aufschlägt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany