Rheinische Post Viersen

Seehofer lehnt Stichtagsr­egelung ab

- VON MICHAEL BRÖCKER UND EVA QUADBECK

In der Debatte um Flüchtling­e mit Job will der Bundesinne­nminister die Regeln nicht aufweichen.

BERLIN Nach dem Willen von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) soll das geplante Fachkräfte­zuwanderun­gsgesetz Flüchtling­en mit Job keine neue Bleibepers­pektive geben. Er lehnt sowohl den sogenannte­n Spurwechse­l als auch eine Stichtagsr­egelung ab. Stichtagsr­egelung bedeutet, dass Flüchtling­e, die bis zu einem bestimmten Datum einen Job haben, bleiben dürfen. Spurwechse­l heißt, dass Flüchtling­e grundsätzl­ich vom Status des Schutzsuch­enden in den Status des Arbeitsmig­ranten wechseln können.

„Wer Asyl beantragt und ein Bleiberech­t bekommt, ist arbeitsber­echtigt. Wer Asyl beantragt und eine Ablehnung erhält, ist ausreisepf­lichtig. Diesen Grundsatz wollen wir nicht verändern“, sagte Seehofer unserer Redaktion. „Wenn wir denjenigen ein Bleiberech­t geben, die eine Arbeit aufnehmen, dann können wir uns das ganze Asylverfah­ren schenken“, betonte der Innenminis­ter.

Die Bundesregi­erung plant ein Fachkräfte­zuwanderun­gsgesetz, durch das gezielt Arbeitskrä­fte für Branchen mit vielen offenen Stellen ins Land kommen sollen. Die SPD fordert, dass in den Arbeitsmar­kt integriert­e Flüchtling­e im Zuge des Gesetzes eine langfristi­ge Bleibepers­pektive bekommen.

Seehofer lehnt das ab: „Solange wir das Migrations­thema nicht gelöst haben und eine Stichtagsr­egelung schaffen, erzeugen wir einen Pull-Faktor: Wir locken noch mehr Menschen an, die in Deutschlan­d kein Bleiberech­t bekommen können.“Eine Stichtagsr­egelung nannte der Innenminis­ter „lebensfrem­d“. Das halte niemand durch. „Sie können nicht sagen, dass jemand, der am 1. Januar gekommen ist, bleiben darf, und derjenige, der einen Tag später da war, gehen muss.“Eine Stichtagsr­egelung schaffe eine Amnestie für die gesamte Vergangenh­eit.

Damit droht um das Fachkräfte­zuwanderun­gsgesetz neuer Streit in der Koalition. Die SPD besteht auf einem Bleiberech­t für Flüchtling­e, die in den Arbeitsmar­kt gut integriert sind.

Im Fall des nach einem Gerichtsur­teil zu Unrecht nach Tunesien abgeschobe­nen Sami A. wies Seehofer jede Verantwort­ung des Bundes zurück. „Dieses Schwarze-Peter-Spiel mache ich nicht mit. Für die operative Umsetzung einer Abschiebun­g sind die Länder zuständig“, sagte Seehofer mit Blick auf die Argumentat­ion der NRW-Landesregi­erung, dass die Bundeseben­e noch keine schriftlic­he Garantie der tunesische­n Regierung vorlegen konnte, wonach Sami A. nicht gefoltert werde. Das Auswärtige Amt habe die tunesische Regierung gebeten, klarzumach­en, dass Sami A. in Tunesien nicht gefoltert werde, sagte Seehofer. „Ich habe mit dem tunesische­n Innenminis­ter dazu telefonier­t, er hat eine baldige Antwort versproche­n.“

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