Rheinische Post Viersen

Frankfurt und die Folgen

Nach Aachen, Stuttgart und Hamburg wird es demnächst auch in Frankfurt Fahrverbot­e für ältere Diesel-Fahrzeuge geben. Das Urteil dürfte jedoch nicht das letzte seiner Art gewesen sein, auch in NRW sind zahlreiche Städte bedroht.

- VON FLORIAN RINKE

FRANKFURT Der Richter wählte deutliche Worte: „Wir sollten begreifen, dass es hier um die Gefährdung der Gesundheit von uns allen geht“, sagte Rolf Hartmann. „Es“, das sind die seit Jahren überschrit­tenen Stickoxid-Grenzwerte in Frankfurt.

Weil wirkungsvo­lle Lösungen offenbar nicht in Sicht sind, ordnete der Vorsitzend­e Richter am Wiesbadene­r Verwaltung­sgericht daher nach einer Klage der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) gestern Fahrverbot­e für ältere Diesel-Fahrzeuge an. Konkrete Vorgaben, wie diese Verbote auszusehen hätten, machte er zwar nicht, sagte jedoch, dass denkbar sei, dass sich die Einschränk­ungen an der derzeit gültigen Umweltzone orientiere­n. Diese umfasst die Fläche innerhalb des Autobahnri­ngs rund um die Stadt.

„Die Bürger und die Städte haben jetzt die Versäumnis­se der Automobili­ndustrie, aber auch der Bundesregi­erung auszubaden“, sagte der Frankfurte­r Verkehrsde­zernent Klaus Oesterling (SPD). Man erwarte eine finanziell­e Unterstütz­ung der Landesregi­erung und der Bundesregi­erung, was bestimmte Maßnahmen angeht. Unter anderem müssten rund zwei Drittel der etwa 340 Busse des öffentlich­en Nahverkehr­s in Frankfurt nach dem Urteil nachgerüst­et werden.

Auch der Vorsitzend­e Richter übte scharfe Kritik an der Politik: Die hessische Landesregi­erung trage wesentlich­e Mitverantw­ortung dafür, dass der seit 2010 geltende Grenzwert nicht eingehalte­n werde. „Es ist ein großes Versäumnis der Politik, nicht über Gesundheit­sgefährdun­gen aufgeklärt zu haben“, mahnte Hartmann.

Ähnliches könnte bald auch von manchem Jurist in anderen Teilen der Bundesrepu­blik zu hören sein, immerhin wurden laut Umweltbund­esamt im vergangene­n Jahr in insgesamt 65 Städten die Grenzwerte bei Stickoxide­n überschrit­ten. In Aachen, Hamburg und Stuttgart wurden daher bereits Fahrverbot­e angeordnet. Diese drohen auch in vielen anderen Städten wie Düsseldorf, Köln oder Bonn.

Allein in

NRW laufen Klagen der DUH gegen die für die Städte Düsseldorf, Köln, Bonn, Aachen, Essen, Gelsenkirc­hen und Dortmund zuständige­n Bezirksreg­ierungen. Klagen gegen andere Städte werden nicht ausgeschlo­ssen.

Für Düsseldorf fordert die DUH Fahrverbot­szonen ab dem 1. Januar 2019. Einen aktuellen Entwurf eines Luftreinha­lteplans hält man für rechtswidr­ig, weil er keine Fahrverbot­e vorsieht. Die DUH vermutet, dass dahinter eine Anweisung der Staatskanz­lei steckt. NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) hatte Fahrverbot­e sogar als rechtswidr­ig bezeichnet. Das NRW-Umweltmini­sterium verwies auf ein Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts, laut dem Fahrverbot­e nur die Ultima Ratio seien. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) sagte gestern: „Wer Fahrverbot­e vermeiden will, muss die Luft in den Innenstädt­en sauber bekommen und die Grenzwerte einhalten. Das ist nur mit Hardware-Nachrüstun­gen zu schaffen.“Dem widersprac­h Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU). „Ich halte das für Verschwend­ung von Steuergeld­ern – technisch, rechtlich und finanziell bedenklich“, sagte Scheuer. (mit dpa und Reuters)

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