Rheinische Post Viersen

Verkehrstr­aining auf dem Schulhof

Das ADAC-Programm „Achtung Auto“soll Schüler auf Gefahren im Straßenver­kehr aufmerksam machen. Die Schüler der Europaschu­le lernten das ganz praktisch auf dem Außengelän­de – durch rennen, rennen, anhalten

- VON BIRGIT SROKA FOTO: SROKA

SCHWALMTAL „Wodurch sind Autofahrer abgelenkt?“, will Thomas Schöpgens von den Siebtkläss­lern wissen. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Handy!“, rufen gleich mehrere Schüler. Die Jungen und Mädchen der Europaschu­le Waldniel erhalten in dieser Woche über das Programm „Achtung Auto“des Allgemeine­n Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) ein Verkehrstr­aining mit Schöpgens, der in Waldniel eine Fahrschule betreibt.

Doch der Blick aufs Handy lenkt nicht nur Autofahrer ab, stellt Schöpgens klar: „Auch Fußgänger oder Radfahrer, die mit ihrem Handy beschäftig­t sind, stellen eine Gefahr dar.“Radfahrer riskieren ein Knöllchen von 30 Euro, Autofahrer ein Bußgeld von 100 Euro. „Wenn Fahranfäng­er mit dem Handy am Steuer erwischt werden, wird die Probezeit sofort von zwei auf vier Jahre verlängert“, sagt Schöpgens.

Der Fahrlehrer erklärt: Der Autofahrer, der vom Handy abgelenkt wird, kann nicht mehr so schnell reagieren. Er konzentrie­rt sich zu wenig auf den Straßenver­kehr, dadurch verlängert sich in Gefahrensi­tuationen der Anhalteweg. Er lässt die Schüler schätzen: Wie lang ist der Anhalteweg eines Autos, das bei einer Geschwindi­gkeit von 50 km/h plötzlich bremsen muss? Die Antworten der Schüler sind sehr unterschie­dlich: Von einem halben Meter bis 45 Meter ist alles dabei.

Nach der Theorie zum Start geht die Klasse auf den Schulhof. Der Fahrlehrer zeichnet eine weiße Linie auf den Boden und fordert einige Schüler auf, auf die Linie zuzulaufen – so schnell sie können und ohne langsamer zu werden. Erst, wenn sie die Linie erreicht haben, sollen sie stoppen. Damit will er Reaktionsu­nd Bremsweg demonstrie­ren. Die Schüler schaffen es nicht, genau auf der Linie oder direkt hinter der Linie anzuhalten. Dort, wo sie stehen bleiben, wird ein Kreis auf den Boden gemalt. „Warum habt ihr nicht sofort an der weißen Linie gestoppt?“, fragt Schöpgens. „Weil man einfach nicht so schnell anhalten kann“, antwortet eine der Läuferinne­n.

Jetzt soll eine zweite Gruppe laufen, aber erst bremsen, wenn der Fahrlehrer ein rot-weißes Hütchen, einen Pylon, fallen lässt. Das macht er dann, wenn die Läufer an der weißen Linie ankommen. Auch sie kommen deutlich später zum Stehen, auch ihre Positionen werden markiert. „Reaktionsw­eg plus Bremsweg ergibt Anhalteweg, das sollen die Schüler hierbei lernen“, erklärt Schöpgens. „Und dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass notfalls ein Autofahrer sofort zum Stehen kommt.“

Jetzt sollen die Schüler nochmals schätzen, wie lang denn der Bremsweg eines Autos im Stadtverke­hr ist, wenn der Fahrer plötzlich bremsen muss. Nach der Erfahrung an der weißen Linie liegen die Schätzunge­n der Schüler nun deutlich höher als zuvor. Diese Schätzunge­n werden mit Pylonen auf der Strecke markiert. Schöpgens setzt sich ins Auto, fährt mit 50 km/h auf die weiße Linie zu und geht dort voll in die Eisen. Knapp hinter dem letzten rot-weißen Hütchen kommt der Wagen zum Stehen. „Sie haben

die Bremse nicht feste genug durchgetre­ten“, mutmaßt ein Schüler. „Doch, ich habe eine Vollbremsu­ng gemacht“, sagt Schöpgens. „Es hängt aber auch vom Boden ab und ob es trocken oder nass ist, wie lang der Bremsweg dann ist.“Die Schüler zeigen sich beeindruck­t.

Der Kontakt zu Fahrlehrer Schöpgens sei durch die Berufsorie­ntierung an der Schule zustande gekommen, berichtet Astrid Symanski-Pape, Berufswahl-Koordinato­rin an der Europaschu­le. Der Verkehrsun­terricht müsse in jeder Klasse mit zwei bis vier Unterricht­sstunden stattfinde­n – dieses Mal waren die Klassen fünf bis sieben bei der Verkehrser­ziehung. „Man kann das natürlich auch im Unterricht mit Folien oder einem Film darstellen“, sagt die Lehrerin. „Aber es ist schon etwas anderes, wenn die Schüler es praktisch erfahren.“

Im Unterricht wird das Gelernte nun aufgearbei­tet. Für die Fünftkläss­ler ist das Verkehrstr­aining die Fortsetzun­g des Fahrradfüh­rerscheins, den sie in der vierten Grundschul­klasse absolviere­n.

 ??  ?? Auf eine Linie zu rennen, ohne langsamer zu werden, und dann ganz genau auf der Linie bremsen – klappt das? Die Schüler der Europaschu­le probierten auf dem Schulhof aus, wie lang so ein Anhalteweg sein kann.
Auf eine Linie zu rennen, ohne langsamer zu werden, und dann ganz genau auf der Linie bremsen – klappt das? Die Schüler der Europaschu­le probierten auf dem Schulhof aus, wie lang so ein Anhalteweg sein kann.

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