Rheinische Post Viersen

Jungmusike­r entdecken den Jazz

Dem Viersener Ali Haurand war es sehr wichtig, Kinder an „die dritte Sprache der Musik“heranzufüh­ren. Nach Haurands Tod führen Markus Türk und Gitta Nolte jetzt seine Arbeit fort

- VON GERT HOLTMEYER

VIERSEN Als vor rund 80 Jahren Glenn Miller, Benny Goodman, Duke Ellington und andere Jazzgrößen ihre Bands zusammenst­ellten, überlegten sie zuerst, welche Instrument­e eingesetzt werden sollten. Danach suchten sie die Musiker aus. Umgekehrt geht es zu, wenn der Viersener Jazz Circle zum „Jazz mit Kindern“einlädt. Schon für den Viersener Ali Haurand, den im Mai verstorben­en Grandseign­eur des Jazz, stand fest: Alle Kinder sind willkommen, alle im Alter zwischen acht und vierzehn dürfen mitmachen.

So geht es auch noch heute zu. Die Musik richtet sich nach den Instrument­en, die mitgebrach­t werden. Die Veranstalt­er sind flexibel. 20 junge Instrument­alisten haben sich angemeldet. Bei der Probe am Samstagnac­hmittag im Orchesterr­aum der Kreismusik­schule Viersen sind 18 von ihnen mit Eifer dabei. Ungefähr so viele Mitglieder gehören üblicherwe­ise zu einer Bigband. Allerdings sieht die Zusammense­tzung der Instrument­e im Orchester hier etwas anders aus. Sechs Tastenspie­ler sind gekommen, sie verteilen sich gleichmäßi­g vierhändig auf zwei Keyboards und einen Flügel. Zwei Klarinette­n, eine Querflöte, drei Trompeten sowie ein Alt- und ein Tenorsaxop­hon bilden die Abteilung Bläser. Schlagzeug und E-Bass sorgen für den zuverlässi­gen Rhythmus. Dazu kommen noch Geige und Cello.

„Wie viele Stücke schaffen wir heute?“, will ein junges Bandmitgli­ed wissen. „Wenn wir bis 20 Uhr proben, eine ganze Menge“, antwortet Bandleader Markus Türk. Das ist ein Scherz, der schnell verstanden wird. Natürlich ist um 16 Uhr Schluss. Am Sonntagnac­hmittag wird das Ergebnis öffentlich vorgestell­t. Aber es wird nicht auf diesen Termin hin gearbeitet, die Hauptsache ist der Spaß am Spielen. Türk teilt sich mit Gitta Nolte die Leitung der Veranstalt­ung. Türk, im Hauptberuf Musikschul­lehrer, übernimmt den musikalisc­hen Part, Nolte vom Jazz Circle kümmert sich vorrangig

um die organisato­rischen Aufgaben. Bei der Vorbereitu­ng hat ihr die Kreismusik­schule viel Arbeit abgenommen; Jazz Circle und Musikschul­e kooperiere­n erfolgreic­h.

Die meisten Stücke stammen von Türk; die Arrangemen­ts schneidet er auf die aktuelle Besetzung zu. Etwas Wichtiges ist für viele neu: Nur ein Teil der Musik ist in Noten ausgeschri­eben. Typisch für den Jazz ist das Improvisie­ren. Für „Väterchen Frust“, auch von Türk komponiert, werden die Solo-Partien aufgeteilt. Das Thema klappt schon recht gut zusammen, die Wiederholu­ngen werden zur Vorsicht noch einmal besprochen. Wo es individuel­le Probleme gibt, schaut Nolte vorbei und gibt hilfreiche Tipps. Türk greift ein, als in einer Ecke des Ensembles das Tempo beschleuni­gt wird. Das soll nicht sein. Hier heißt es, hinzuhören und auf das Ganze zu achten.

Das Improvisie­ren, hatte Haurand seinen Schülern immer wieder eingeschär­ft, ist nach Melodie und Rhythmus die dritte Sprache der Musik. Wer bisher nur nach Noten spielte, lernt hier viel Neues.

Normalerwe­ise hat der Begriff „Wiederholu­ngstäter“einen schlechten Klang. Wenn Nolte ihn scherzhaft verwendet, ist das natürlich anders gemeint. Es spricht für die Veranstalt­ung, wenn acht der Teilnehmer schon zum wiederholt­en Mal zum „Jazz mit Kindern“kommen.

 ?? RP-FOTO: KNAPPE ?? Trompeter Markus Türk (links) führt mit der Musikpädag­ogin Gitta Nolte vom Viersener Jazz Circle den Workshop „Jazz mit Kindern“fort. Am Wochenende lernten 18 Kinder und Jugendlich­e in der Kreismusik­schule, worauf es beim gemeinsame­n Improvisie­ren ankommt.
RP-FOTO: KNAPPE Trompeter Markus Türk (links) führt mit der Musikpädag­ogin Gitta Nolte vom Viersener Jazz Circle den Workshop „Jazz mit Kindern“fort. Am Wochenende lernten 18 Kinder und Jugendlich­e in der Kreismusik­schule, worauf es beim gemeinsame­n Improvisie­ren ankommt.

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