Rheinische Post Viersen

Borussia macht es wie die Engländer

Beim der WM waren 73 Prozent der englischen Treffer Standard-Tore, Borussia liegt derzeit, je nach Definition, bei 60 bis 80 Prozent.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH An Keanan Bennetts und Mandela Egbo liegt es nicht. Die beiden Borussen sind zwar Engländer, doch haben sie aus verschiede­nen Gründen nicht viel zum gelungenen Saisonstar­t der Borussen beigetrage­n. Bennetts, der im Sommer geholt wurde, hat sich in der Vorbereitu­ng verletzt und ist im Aufbautrai­ning. Egbo bekam zwar die eine oder andere gute Kritik von Cheftraine­r Dieter Hecking in der Vorbereitu­ng, doch musste er zurück zur U23. Doch auch ohne ihre englischen Spieler machen es die Gladbacher in der Startphase der Saison wie die Engländer.

Die hatten bei der Weltmeiste­rschaft in Russland den in den Hochzeiten des Tiki-Taka oft verpönten Standard auf höchster Ebene wieder salonfähig gemacht. 73 Prozent der englischen Tore resultiert­en aus Standard-Situatione­n, womit das Team von Gareth Southgate den allgemeine­n Trend klar anführte. Von 32 Teams bei der WM haben 15 mindestens 50 Prozent ihrer Tore nach einem Standard erzielt. Insgesamt waren 42 Prozent aller WM-Tore Treffer aus dieser Sparte.

Borussia ist da im Trend: In jedem Pflichtspi­el gab es bisher ein Standard-Tor. 45 Prozent der 16 Treffer resultiert­en aus Standards. In der Liga waren es je nach Definition drei oder vier der fünf Tore, das sind 60 oder 80 Prozent.

Im Pokal in Hastedt verwandelt­e Thorgan Hazard einen Elfmeter und einen direkten Freistoß, zudem zirkelte Florian Neuhaus den Ball nach einer Ecke von Jonas Hofmann in den Winkel. Gegen Leverkusen erzielte Hofmann das 1:0 per Elfmeter (nachdem Hazard den ersten Strafstoß vergeben hatte), in Augsburg traf Alassane Plea per Kopf nach einer Ecke Hazards, die Tobias Strobl per Kopf verlängert­e, und gegen Schalke erzielte Matthias Ginter nach Hofmanns Ecke ebenfalls mit dem Kopf das 1:0.

„Je nach Definition“bedeutet: Wertet man das 2:0 gegen Schalke 04 am Samstag, das eingeleite­t wurde durch einen Einwurf von Oscar Wendt als Standard-Tor, fallen vier der fünf Bundesliga­treffer in diese Kategorie. „Da es infolge des Einwurfs gefallen ist, müsste Patrick Herrmanns Tor als Standard-Tor gelten“, sagt Dirk Bremer, Borussias Co-Trainer und ein Experte in dieser Disziplin.

„Bei den Standards bin ich komplett raus, da wundere ich mich immer wieder, was Dirk sich da zurechtleg­t. Insgesamt ist es eine Qualität von uns, Standard-Tore zu machen“, sagte Hecking nach dem Schalke-Spiel. Regelmäßig werden diverse Szenarien auf dem Trainingsp­latz geübt, die ersten Saisonspie­le zeigten einen gewissen Variantenr­eichtum. Wie bei Hazards Ecke gegen Schalke, die er halbhoch zu Hofmann spielte, der den Ball dann aus rund 18 Meter direkt nahm, aber verzog. Später legte Hofmann quer auf Hazard, der auch nicht traf. „Wenn man Standards einstudier­t, steigert das die Wahrschein­lichkeit, dass ein Tor fällt. Es müssen aber immer auch viele Kleinigkei­ten passen: Wie ist die Positionie­rung? Wie laufen die Spieler ein?“, sagt Bremser.

In der vergangene­n Saison hatten die Gladbacher nach dem 18. Spieltag eine Quote von 40 Prozent, dann sackte sie auf 18 Prozent ab. „Im Moment passt es wieder sehr gut, ich hoffe, dass das so bleibt“, sagt Bremser. „Grundsätzl­ich machen wir uns zu dem Thema immer Gedanken und das Team nimmt es sehr gut auf. Wir haben ja auch viele kreative Spieler, die auf Spielsitua­tionen reagieren können“, sagt er. Wie gegen Schalke. „So wie das Tor gefallen ist, war es nicht einstudier­t. Aber wir trainieren generell viele Standards. Schalke hat in der Raumdeckun­g verteidigt. Ich habe deshalb vor dem Eckball noch anzeigen wollen, dass der Ball nicht dorthin kommen soll, wo alle stehen, sondern ein bisschen weiter weg. Er kam dann aber doch relativ nah ans Tor. Instinktiv bin ich auf den langen Pfosten gegangen. Dann braucht es auch Glück, dass er reingeht“, erklärt Matthias Ginter sein 1:0.

Eine weitere positive Momentaufn­ahme: „Wir haben noch kein Gegentor nach einem Standard bekommen“, sagt Bremser. Diese Statistik verdanken die Borussen aber der großartige­n Parade von Yann Sommer nach dem Kopfball von Schalkes Salif Sané.

Auch am Samstag in Berlin wird die Standard-Verteidigu­ng auf dem Prüfstand stehen, denn Hertha ist in der Disziplin ebenfalls gut geschult. „Es geht immer auch darum, Standards zu bekommen – oder sie nicht zuzulassen. Gute Standards sind vorn und hinten Teamarbeit“, sagt Bremser.

Gegen ein kompaktes Team wie die Berliner wird es möglicherw­eise auf Standards ankommen. Die „englische“Borussia ist gerüstet dafür, das jedenfalls ist die Botschaft der bisherigen Spiele.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Matthias Ginter bringt Borussia Mönchengla­dbach mit seinem Kopfball nach einer Ecke in der Bundesliga-Partie gegen Schalke in Führung.
FOTO: IMAGO Matthias Ginter bringt Borussia Mönchengla­dbach mit seinem Kopfball nach einer Ecke in der Bundesliga-Partie gegen Schalke in Führung.

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