Rheinische Post Viersen

Die Achsen der Macht

Dieser Regierung fehlt viel – insbesonde­re persönlich­es Vertrauen an der Spitze.

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Die Bundeskanz­lerin will den Koalitions­ausschuss häufiger einberufen. In den vergangene­n Monaten ist das Gremium, das regierende­n Parteien dazu dient, sich in kleinem Kreis auf große Entscheidu­ngen zu verständig­en, nur noch als Krisen-Gremium aufgefalle­n. Das soll jetzt anders werden, lauten die guten Vorsätze der Parteichef­s. Man will wieder mehr in Ruhe miteinande­r reden – vor allem über Sachfragen.

Dass die Kanzlerin die Bedeutung des Koalitions­ausschusse­s so betont, offenbart eine zentrale Schwäche der Bundesregi­erung: Ihr fehlen die persönlich­en Achsen der Macht. Nahles genießt Reputation im Kanzleramt. Aber ein Vertrauens­verhältnis hat die Kanzlerin nicht zu ihr – zumal Nahles als Fraktionsc­hefin nicht mehr in die Regierung eingebunde­n ist. Mit Seehofer funktionie­rt es ohnehin nicht. Auch das Zusammensp­iel der Fraktionsc­hefs ist schwierig. Nahles und CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt können zwar persönlich miteinande­r. Politisch aber kommen sie von unterschie­dlichen Sternen. Kauder wiederum misstraut dem Merkel-Kritiker Dobrindt und kann sich über Nahles ständig aufregen. Er trauert noch der Zeit hinterher, als er mit dem früheren SPD-Fraktionsc­hef Peter Struck Kompromiss­e vereinbart­e und durchsetzt­e. Auch Merkel hatte es damals leichter. Mit SPD-Chef Franz Münteferin­g verband sie ein Vertrauens­verhältnis. Und die CSU war damals wegen interner Kämpfe ein ruhiger Partner in Berlin.

Solche Achsen, die auf persönlich­em Respekt und guter Erfahrung miteinande­r beruhen, gibt es in dieser Regierung nicht. Da ist der Koalitions­ausschuss eine gute Krücke, das fehlende Vertrauen für die Zusammenar­beit wachsen zu lassen. Wenn er aber immer nur dann einberufen wird, sobald die Koalition am seidenen Faden hängt, bewirkt er das Gegenteil.

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