Rheinische Post Viersen

SPD-Führung will Debatte um die große Koalition beenden

Die SPD hofft nach der Einigung in der Causa Maaßen nun auf einen Neuanfang: umschalten vom Hysteriemo­dus in einen neuen Arbeitsmod­us.

- VON JAN DREBES UND HOLGER MÖHLE

BERLIN Das Gewitter ist durchgezog­en. Aber wer weiß, wann Tief „Horst“wieder aufkreuzt, eine nächste Schneise der Verwüstung hinterläss­t. Was sollen sie im WillyBrand­t-Haus auch sagen? Na klar, es sei „ein Zeichen der Stärke“von Parteichef­in Andrea Nahles gewesen, dass diese einen Fehler zugegeben und dann dafür geworben habe, eine Personalen­tscheidung zu überdenken, die in der Öffentlich­keit großen Unmut ausgelöst habe. Erst einmal Durchatmen in der SPD-Zentrale. Der Bruch der Koalition ist fürs Erste abgewendet. Bei der SPD versuchen sie es an diesem Montag mit Pragmatism­us. SPD-Vize Manuela Schwesig sagt: „Alle finden gut, dass es jetzt im Falle Maaßen eine gute Lösung gibt.“Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius versucht es mit der Weisheit: „Das Leben ist kein Wunschkonz­ert.“Er hofft auf Besserung. Wenn alle in der Koalition, „einschließ­lich Herrn Seehofer, von nun an die Vernunft walten lassen, dann können wir zusammen bleiben“.

Kein Jubel. Dazu ist die Lage weiter zu angespannt, ja, zu verfahren. Die in der SPD proklamier­te „akzeptable Lösung“der leidigen Personalie Maaßen verkauft Generalsek­retär Lars Klingbeil nach den Gremiensit­zungen mit dem ursprüngli­chen Ziel: Hans-Georg Maaßen an der Spitze des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz abzulösen. Es sei der SPD wichtig gewesen, dass Maaßen künftig nicht mehr Chef des Bundesamte­s für Verfassung­sschutzes sei. Dieses Ziel habe man erreicht. Auch SPD-Vize Natascha Kohnen, aktuell noch Wahlkämpfe­rin in Bayern, zeigte sich zufrieden.

Von nun an wolle man umschalten: vom „Hysteriemo­dus“in einen „neuen Arbeitsmod­us“, wie Klingbeil eine Hoffnung ausdrückt. Schon am kommenden Montag wolle man in diesen neuen Arbeitsmod­us schalten, wenn der Koalitions­ausschuss ein nächstes Mal tagt. Unter anderem soll es dann um ein künftiges Einwanderu­ngsgesetz gehen. Der nächste Streit zwischen Union und SPD ist da eigentlich bereits programmie­rt. Aber sie wollen ja nicht mehr streiten – neuer Arbeitsmod­us, hilf‘!

Auch Juso-Chef Kevin Kühnert, der zuletzt in der Causa Maaßen die Parteispit­ze massiv kritisiert hatte, gibt sich nach den Gremiensit­zungen zahmer. Die vergangene­n Wochen seien wahrlich „kein Ruhmesblat­t“gewesen. Aber wenigstens habe man den GAU verhindert. Der größte anzunehmen­de Unfall in der deutschen Politik wäre aus Sicht des Juso-Chefs die Beförderun­g von Maaßen zum Staatssekr­etär gewesen. Jetzt muss sich dieser mit dem Posten eines Sonderbera­ters für europäisch­e und internatio­nale Aufgeben begnügen. Dabei verhehlt Kühnert nicht: „Die einzig wirklich ehrlich Lösung wäre die Versetzung von Herrn Maaßen in den einstweili­gen Ruhestand gewesen.“Antworten auf seine Kritik an der großen Koalition hat er aus der Parteiführ­ung aber noch nicht bekommen. Und so dürfte die Diskussion um das Bündnis mit der Union in der SPD weitergehe­n.

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