Rheinische Post Viersen

So gelingt Sparen mit nachhaltig­en Produkten

Das jüngste Nettetaler Wirtschaft­sgespräch über die „Cradle to Cradle“-Philosophi­e war das bisher am besten besuchte

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NETTETAL (mm) Das 2016 errichtete Venloer Rathaus sollte nicht nur der zentrale Arbeitspla­tz für rund 1200 Mitarbeite­r werden, sondern sich auch förderlich auf deren Gesundheit auswirken. Durch einen niedrigere­n Krankensta­nd sollten jährlich rund ein Prozent der 60 Millionen Euro Personalko­sten eingespart werden. „So sollten auch die 43 Millionen. Euro für den Bau gerechtfer­tigt werden“, sagte Mitplaner Michiel Weijers. Das Objekt mit viel Stahl, Holz, Glas und Grün ist zum Ziel für alle Anhänger des ökologisch­en Bauens geworden. Es gilt als Leuchtturm der „Cradle to Cradle“-Philosophi­e (C2C).

Das Venloer Stadskanto­or strahlt auch bis nach Nettetal und nach Viersen aus. In Nettetal ist geplant, das Rathaus am Doerkespla­tz in Lobberich um ein Nebengebäu­de auf einem Grundstück zwischen oberer Steegerstr­aße und Doerkespla­tz nach diesem Prinzip zu erweitern. Ähnliches plant der Kreis Viersen für sein neues Archiv am Dülkener Ransberg. „Craddle to craddle“-Impulsgebe­r und Venlo-Berater Michael Braungart stellte die Idee bei den Wirtschaft­sgespräche­n im Partyzelt an Haus Bey vor. Einen derart großen Zuspruch hatte bisher noch keinen Netzwerkab­end.

Das Prinzip Braungarts, der Verfahrens­technik und Chemie studierte, ist simpel: „Damit zehn Milliarden Menschen auf dieser Erde leben können, müssen wir nützliche Dinge erfinden, die wiederverw­ertbar sind.“Das heißt für ihn: Man muss schon bei Entwurf und Konstrukti­on daran denken, wie man das Material erneut nutzt. Da er daran glaubt, dass man „Veränderun­g eher über Design erreichen kann als über Bewusstsei­n“, hat er mit vielen kleinen Dingen angefangen.

Bekannt ist sein Satz: „Wenn Ihre Freundin einen schwarzen BH trägt, dann sagen Sie ihr: ‚Zieh den sofort aus!’‘“. Noch im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunder­ts war die Farbe „nicht für den Hautkontak­t“geeignet; er hat einen schadstoff­freien BH entwickelt. Unter seinen rund 1300 entwickelt­en Produkten sind komplett recycelbar­e Sportschuh­e, kompostier­bare T-Shirts oder „Kinderspie­lzeug, das nicht giftig ist“. Aufgegriff­en wurden seine Ideen vor allem in den Niederland­en. Das findet er gut, denn dort sei C2C – anders als hier – Lebensprax­is und Anlass, über andere Produkte nachzudenk­en. Und: „Die wollen damit auch Geld verdienen.“

Nach Braungarts Erfahrunge­n sind C2C-Produkte – über den Lebenszykl­us betrachtet – preiswerte­r als herkömmlic­he. Er entwickelt ein Wirtschaft­smodell, in dem die jahrelange Nutzung der Rohstoffe bezahlt wird statt eines einmaligen Kaufs. Nettetals Schulen könnten damit vorangehen, indem sie nur noch vollkommen kompostier­bares Papier verwendete­n – wie in Österreich.„Venlo hat einen großen Brocken in den Teich der Ideen geworfen, und das hat Wellen geschlagen“, zog Bürgermeis­ter Christian Wagner das Fazit. Mal sehen, wann die Wellen an Nette und Niers ankommen.

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FOTO: M.CHRISTIANS/DPA Der Grüne Pfeil kann für besseren Verkehrsfl­uß sorgen, aber Straßen NRW hält ihn für ein Sicherheit­srisiko.
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ARCHIVFOTO: UMI Professor Michael Braungart sprach in Hinsbeck.

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