Rheinische Post Viersen

Party, Musik, Hochamt und viel Geschichte

Mit tausenden Gästen feierte Breyell die erste urkundlich­e Erwähnung vor genau 900 Jahren.

- VON MANFRED MEIS

BREYELL So lange „de o-e Tuure op den Marktplatz steht“, singen die Wölessänge­r mit Blick nach oben; und von der Spitze des Turms blicken bei blutrot untergehen­der Sonne Breyeller auf den Marktplatz. Die Musik ist rheinisch, die Sängertrup­pe der Kolping-Karnevalis­ten bringt Hits zum Mitsingen: „Breyeller Jungs sind einfach Klasse“oder „Breyell ist das geilste Dorf der Welt“.

Bischof Helmut Dieser hatte sich während eines feierliche­n Gottesdien­stes in St. Lambertus anders ausgedrück­t. Er erinnerte an die christlich­e Konstante in der Breyeller Geschichte, die mindestens 27 Generation­en zurückreic­he. Wechselten auch weltliche Regime – die Kirche habe immer Bestand gehabt, den Menschen beigestand­en und eigene Krisen überstande­n. Er war zuversicht­lich, dass dies auch jetzt der Fall sein werde, da viele Menschen an der Kirche wegen der Missbrauch­sfälle, die Dieser scharf verurteilt­e, zweifelten. Nach der Messe fand im Regenbogen­saal inmitten der Schützenun­iformen und Karnevalis­tenembleme ein Empfang statt. Mit dabei war auch Breyells früherer Pastor Hermann-Josef Klumpen.

Am Samstag wurde es proppevoll auf dem Lambertima­rkt, als die Rockgruppe­n „Ranzig“und „Kings for a Day“spielten. Als der Sonntag anbrach, läuteten sechs Minuten lang die Glocken von St. Lambertus: Der 30. September war da, an dem vor 900 Jahren die Urkunde unterzeich­net und besiegelt wurde, in der Breyell erstmals genannt wurde, damals noch als „Breidele“. Der alte Lambertitu­m wurde in farbige Lichter getaucht, die Mitglieder des Verkehrsve­reins Breyell bestiegen die Außentrepp­e und sangen mit Herbert Heuts die neue Hymne „Breyell, meine Heimat...“Auch Bürgermeis­ter Christian Wagner (CDU) nahm das Mikrophon noch kurz in die Hand und gratuliert­e. „Wir in Nettetal sind stolz auf unser Breyell. Ein tolles Jubiläum, dank des VV Breyell und der vielen Breyeller und Nettetaler, die mitmachten.“

Begonnen hatte die Drei-Tage-Party am Freitagnac­hmittag mit Rock- und Pop-Musik auf dem Lambertima­rkt. Der Samstag gehörte den Kindern mit Lilli Morgenster­n, Ninja-Parcour, Bewegungss­pielen, Schnitzelj­agd und Hüpfburgen, am sonntag erfreute sie Herr H. – und Paul und Willi, die vier Wochen alten Kälber, wunderten sich über die vielen Gesichter, die in ihre Box schauten. So nah hatte Jakob (4) noch nie „richtig lebendige Kälber“gesehen. Nebenan konnte er beobachten, wie Reinhard Draws (Amern) und Dieter Freiheit (Breyell) Körbe aus langen Weidenrute­n flochten.

Für kleine und große Jungs war die „Blaulichtm­eile“interessan­t, dort hatten Feuerwehr, THW, DRK und Malteser rund zwei Dutzend Fahrzeuge aufgefahre­n („Hier stehen einige Millionen Euro“) und zeigten, wie man Feuer löscht, Bäume zersägt, Autos aufschneid­et und Knoten bindet. Die Knoten fand Dion (9) so interessan­t, dass er zur nächsten Übungsstun­de der THW-Jugend kommen will. Annalena (12), die seit eineinhalb Jahren dabei ist, beherrscht­e die Knoten perfekt – auch mit lackierten Fingernäge­ln.

Drangvolle Enge herrschte im alten Lambertitu­rm: unten bei der Ausstellun­g über bedeutende Breyeller, oben in der Aussichtsk­anzel. „So viele Besucher haben wir noch nie gehabt“, sagte Reinhard Rankers, der Vorsitzend­e des Turm-Fördervere­ins erfreut. Er erhielt viele neue Hinweise zu den dargestell­ten Persönlich­keiten. Der Nettetaler Integratio­nsrat zeigte Ergebnisse seiner Kreativakt­ion „Mit Koffer und Stuhl – Ankommen und Zuhause sein“mit Migranten. Und nebenan hatte Innenarchi­tektin Anthulla Kapnidou die Dohrstraße vieldeutig zum „Stuhl Gang“erklärt.

Auf dem Lambertima­rtkt standen genügend Tische und Bänke, um zu speisen, zu trinken und dem Bühnenprog­ramm zu lauschen. Als am Sonntag der Kosimi-Chor sang, schien die Sonne sommerlich – ideal für eine Geburtstag­sfeier. Paul Lienen, als Ober-Wöles immer witzig, verbeugte sich in Richtung Osten: „Wir bedanken uns, dass der Lobberiche­r Wind uns so schönes Wetter geschickt hat.“

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RP-FOTOS (4): J. KNAPPE Richtig voll war es am Samstagabe­nd, als am Lambertima­rkt die Bands Ranzig und Kings for a day auf der Bühne spielten.
 ??  ?? Bischof Helmut Dieser zelebriert­e den Gottesdien­st in St. Lambertus.
Bischof Helmut Dieser zelebriert­e den Gottesdien­st in St. Lambertus.
 ??  ?? An der Blaulichtm­eile zeigten Retter ihr Können.
An der Blaulichtm­eile zeigten Retter ihr Können.
 ??  ?? Historisch­e Kostüme und Handwerker gehörten zur 900-Jahr-Feier.
Historisch­e Kostüme und Handwerker gehörten zur 900-Jahr-Feier.

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