Rheinische Post Viersen

Moderne Musik begleitet Stummfilm

Ein außergewöh­nlicher Abend für Musik- und Filmfreund­e in der Süchtelner Königsburg: Zu einer neuen Vertonung mit modernen Stücken wurde der Stummfilm „Tabu“von 1931 gezeigt.

- VON SIGRID-BLOMEN-RADEMACHER RP-FOTO: J. KNAPPE

VIERSEN Hohe Konzentrat­ion charakteri­siert das Spiel der vier Viersener Musiker Thilo Masbaum (Trompete und Percussion), Herbert Hähnel (Gitarre), Ottmar Nagel (Gitarre) und Friedrich Stahl (Keyboard). Mit Blicken kommunizie­ren sie über den Fortgang der Musik, die sich aus Festgelegt­em und Improvisie­rtem zusammense­tzt. Außerdemde­m geht ihr Blick auf die große Leinwand in der Königsburg in Süchteln. Dort gab es ein doppeltes Vergnügen: ein Konzert und einen Film.

Für Friedrich Stahl und Thilo Masbaum ist es eine kleine Tradition, Stummfilme­n zu begleiten. Mit den Gitarriste­n Herbert Hähnel und Ottmar Nagel boten sie den Gästen am Samstagabe­nd einen besonderen Genuss: Sie spielten live zum Stummfilm „Tabu“von Friedrich Wilhelm Murnau von 1931. Ulrich Schäfer begrüßte als Vertreter der Königsburg die zahlreiche­n Gäste zu einem „Zeitsprung“. Der Film wurde bei den ersten Viersener Filmtage aufgeführt und gehörte auch zur „Muziek Biennale 2018 Niederrhei­n“.

„Tabu“nimmt den Zuschauer mit auf die Südseeinse­l Bora Bora. Der Begriff „Tabu“bezeichnet darin die Tatsache, dass die junge Reri vom Oberhäuptl­ing aller Inseln zur „göttlichen Jungfrau“auserkoren hat, die von da an den Göttern geweiht ist und für jeden Mann tabu ist. Nun hat sich Reri aber in den Perlentauc­her Matahi verliebt. Statt sich in ihr Schicksal zu ergeben, entführt Matahi Reri und lässt sich auf einer französisc­h regierten Kolonialin­sel nieder. Doch das Schicksal verfolgt die Liebenden: Wenn Reri sich nicht ihrem Los fügt, so erfährt sie, wird Matahi sterben. Während sich Reri, um Matahis Leben zu retten, auf den Weg zurück zu dem Häuptling macht, versucht Matahi, nach einer Perle zu tauchen, um Geld für ihre Flucht zu bekommen. Sie verfehlen einander, Reri geht ihrem Schicksal entgegen und Matahi ertrinkt.

Eine Südseeball­ade mit vielen dramatisch­en Elementen sei „Tabu“, so Stahl. Er komponiert­e die Musik für den Film. Anders als man es von manchen Stummfilme­n kennt, in denen die Musik sich von Bewegungen und Ereignisse­n lenken lässt, legt Stahl den Schwerpunk­t auf die Stimmung des Films. Ein knappes Jahr hat er an der Musik getüftelt. Ein ganz exaktes Storyboard liegt den Musikern vor.

Der Zuschauer wird – der Stimmung entspreche­nd – zunächst mit leichten Tönen in den Film geführt. Das erste. Kapitel von „Tabu“lautet „Paradies“. Südseeklän­ge ertönen,

eine harmonisch­e Kompositio­n begleitet die Männer und Frauen beim Fischen und Schwimmen. Die musikalisc­hen Themen wiederhole­n sich, werden aufgegriff­en, variiert. „Einen langen Bogen“wolle er über den Film spannen, so Stahl. Mit bekannten Stücken, die er einbaut, schafft er einen Wiedererke­nnungschar­akter. „Crystal Silence“von Chick Corea, „Agua de Beber“, von Antonio Carlos Jobim oder „Fields of Gold“von Sting und „Melody in F“von Rubenstein schaffen einen spannungsv­ollen Kontrast zu der alten schwarz-weiß Ästhetik des Films, den abgehackte­n Bewegungen der Schauspiel­er – es waren Laien, die Murnau als Schauspiel­er auswählte. Im zweiten Kapitel „Das verlorene Paradies“verändert sich die Stimmung und damit die Musik. Mit wenigen kräftigen Akzenten schafft es die Kompositio­n von Stahl, die Dramatik des Films zu unterstütz­en.

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Die vier Musiker Thilo Masbaum, Herbert Hähnel, Ottmar Nagel und Friedrich Stahl begleitete­n den Stummfilm „Tabu“mit Livemusik in der Süchtelner Königsburg.

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