Rheinische Post Viersen

Geburtstag­sabend für Vigoleis Thelen

Der Süchtelner Fontane-Preisträge­r sprach fließend Niederländ­isch und pflegte Freundscha­ften mit holländisc­hen Literaten. Zum 115. Geburtstag zeigte der Heimatvere­in die „niederländ­ische Seite“des Schriftste­llers.

- VON GERT HOLTMEYER

VIERSEN „Der holländisc­he Schriftste­ller“Albert Vigoleis Thelen stand in diesem Jahr im Mittelpunk­t der traditione­llen literarisc­hen Geburtstag­sfeier.

Vigoleis, ein Holländer? Wer behauptet das? Der Mann, der 1954 für seinen Roman „Die Insel des zweiten Gesichts“den Fontanepre­is erhielt, war Deutscher und ein Viersener Bürger. Er wurde 1903 in Süchteln geboren und starb 1989 in Dülken.

Nun, es war kein Geringerer als Thomas Mann, der den Emigranten Thelen einen holländisc­hen Schriftste­ller nannte. Wusste er zu wenig von ihm? Wohl kaum. Immerhin zählte Thomas Mann „Die Insel des zweiten Gesichts“zu den größten Büchern des 20. Jahrhunder­ts.

Richtig ist, dass in Albert Vigoleis Thelen, dem Deutschen, eine ganze Menge Niederländ­isches steckte. Genaueres über dieses Thema war in der Villa Marx zu erfahren. Dem Viersener Verein für Heimatpfle­ge war es in Zusammenar­beit mit der Albert-Vigoleis-Thelen-Stadtbibli­othek und den Buchhandlu­ngen Doetsch (in Dülken, Viersen und Brüggen) gelungen, für den Vortrag am 115. Vigoleis-Geburtstag einen kompetente­n Kenner der Materie zu gewinnen.

Tim van der Grijn Santen, ein ausgewiese­ner Fachmann für ExilLitera­tur, erwies sich sprachlich gewisserma­ßen als ein Spiegelbil­d Thelens. Von Thelen wird berichtet, er hätte Niederländ­isch akzentfrei gesprochen. Flüssig und fast akzentfrei war umgekehrt das Deutsch des niederländ­ischen Referenten.

Gleicherma­ßen informativ, locker und humorvoll legte van der Grijn Santen dar, wie eng Thelen nicht nur mit der niederländ­ischen Sprache und Kultur verbunden war, sondern auch mit niederländ­ischen Literaten und Literaturk­ennern.

Während der Nazi-Zeit schrieb Thelen von Mallorca aus für die niederländ­ische Zeitung „Het Vaderland“regelmäßig Rezensione­n über deutsche Exil-Literatur. Eine herzliche Freundscha­ft verband ihn mit dem Literaturr­edakteur dieser Zeitung, Menno ter Braak, der sich aus Verzweiflu­ng über den Einmarsch der deutschen Truppen 1940 das Leben nahm.

Das Verhältnis Thelens zu Verlegern war grundsätzl­ich angespannt. Immerhin: Es war ein niederländ­ischer Verleger, der in den 1950er Jahren „Die Insel des zweiten Gesichts“auf Deutsch herausgab – in dieser Zeit alles andere als selbstvers­tändlich.

Rolf Thelen, ein „Vetternkin­d“von Vigoleis, rezitierte Texte, die die tiefe Verbundenh­eit seines Onkels mit den Niederland­en belegten. Einen ansprechen­den musikalisc­hen Rahmen schufen die beiden Gitarriste­n Herbert Hähnel und Walter Frasch sowie Susanne Frasch (Violine). Die reibungslo­se Koordinati­on garantiert­e Leo Fiethen.

Der Appetit auf den hausgemach­ten Geburtstag­skuchen wurde auch nicht beeinträch­tigt durch das „Lokusgedic­ht“, in dem Vigoleis in niederländ­ischer Sprache humorvoll sein häusliches stilles Örtchen beschrieb. Interessan­t verspricht die nächste Geburtstag­sfeier am 28. September 2019 zu werden. Dann unterhält sich ein „Literarisc­hes Trio“mit den Thelen-Kennern Joseph Anton Kruse, Jürgen Pütz und Peter Wild darüber, „warum wir Albert Vigoleis Thelen ebenso begeistert wie bedingungs­los lieben“.

 ?? FOTO: HEIMATVERE­IN ?? Mit seiner Frau Beatrice Bruckner lebte der Schriftste­ller Albert Vigoleis Thelen auf Mallorca, in der Schweiz, in Frankreich, Spanien, Portugal und in den Niederland­en. Den Lebensaben­d verbrachte­n die beiden in Dülken.
FOTO: HEIMATVERE­IN Mit seiner Frau Beatrice Bruckner lebte der Schriftste­ller Albert Vigoleis Thelen auf Mallorca, in der Schweiz, in Frankreich, Spanien, Portugal und in den Niederland­en. Den Lebensaben­d verbrachte­n die beiden in Dülken.

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