Rheinische Post Viersen

Özgür Cebe begeistert mit „Ghettos Faust“

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VIERSEN (anw) Der Monolog aus Goethes „Faust“gab das Stichwort vor zu Özgür Cebes Auseinande­rsetzung mit Verschwöru­ngstheorie­n, Aufklärung, Rassismus und Religion. „Ghettos Faust“ist sein neues Programm überschrie­ben, das der ausgebilde­te Schauspiel­er in einer Vorpremier­e dem Publikum im Varieté Freigeist servierte. Zum Einstieg rezitierte Cebe Goethes Original im Rhythmus des Rapps und gab gleich darauf die Version des „Ghetto-Typen“, der die klassische Sprache krass in seinen Slang übersetzt. Das Aufeinande­rtreffen von Kulturen und Ansichten gaben den Leitfaden vor für einen Abend, der in einer Mischung von Kabarett und Comedy Spaß, Witz und Tiefgang bot.

Zum Warm-Up nach dem klassisch entlehnten Einstieg checkte Cebe sein Publikum auf das Kräfteverh­ältnis von Intellektu­ellen und „Asis“ab. Er müsse alle enttäusche­n, die mit ihm einen Typen aus Migrantenf­amilie mit strengem Elternhaus erwartet hätten. Sein Vater sei Alt-Revoluzer, so Cebe. Er behauptete aus der Waldorfsch­ule geflogen zu sein, da er sich geweigert habe, seinen Namen zu tanzen in Unkenntnis, wie das mit den Ö-Strichelch­en gehen könne. Unerfahren im Umgang mit der abendländi­sch christlich­en Religion habe er zudem bis ins Alter von 14 Jahren gedacht, Marx wäre der Weihnachts­mann – denn wer sonst hänge immer mit Engels rum.

Cebe karikierte und hinterfrag­te Vorurteile und Klischees in der Begegnung von „Bio-Deutschen“und Migranten – witzig serviert mit einem Nachgeschm­ack, der nachdenken ließ. Beim Ausflug in die digitale Welt kontrastie­rte Cebe satirisch die einst vorherrsch­ende Vorstellun­g vom Allmächtig­en mit den heute die Welt beherrsche­nden Algorithme­n. Beim Blick auf die monotheist­ischen Weltreligi­onen stellte der Kabarettis­t fest, dass sie das Teilen lehrten. Moses habe das Meer geteilt, Jesus das Brot und Mohammed in das geteilte Brot den Döner gepackt. Berührend war die Zugabe im mahnenden Appell zum Miteinande­r jenseits dogmatisch­er Vorstellun­gen.

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RP-FOTO: KNAPPE Zum Würdigung von Albert Vigoleis Thelen gab es Kuchen: Leo Fiethen (v.li.), Tim van der Grijn Santen, Vorleser Rolf Thelen und Albert Pauly.

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