Rheinische Post Viersen

Dann holen wir eben eine Polin

Plötzlich ein Pflegefall in der Familie – dann ist die Not groß: Wer kümmert sich um Oma oder Opa? 24 Stunden lang? Viele Betroffene engagieren in solchen Fällen eine Haushaltsh­ilfe aus Osteuropa – oft zu unfairen Bedingunge­n. Eine Pflegerin erzählt.

-

„Vor allem das viele Aufstehen in der Nacht war schwer“, sagt sie. „Ich habe zehn Kilo verloren wegen der dauernden Anspannung.“

Die Schattenwi­rtschaft in der häuslichen Pflege gehört in Deutschlan­d inzwischen zum System. Das bedeutet nicht nur Arbeitsbed­ingungen, die weit jenseits aller Normen des deutschen Tarifrecht­s liegen. Manchmal haben auch die Familien Angst, weil sie Scheinselb­stständigk­eit unterstütz­en. Hinzu kommen sprachlich­e Schwierigk­eiten mit einem Menschen, den eine Agentur geschickt hat, und der plötzlich Teil der Familie wird.

„Wenn ein Pflegefall eintritt, geraten viele Familien in Panik“, sagt Catharina Hansen, Pflegeexpe­rtin bei der Verbrauche­rzentrale NRW, „dann erscheint es oft leichter, eine Hilfe aus Osteuropa zu engagieren, statt sich einen Versorgung­smix etwa aus Tagespfleg­e, Pflegedien­st und Haushaltsh­ilfe zusammenzu­stellen.“Hansen rät Betroffene­n, Agenturen nutzt, handelt nicht illegal, allerdings verstoßen 24-Stunden-Betreuunge­n, mit denen oft geworben wird, gegen gesetzlich­e Arbeitszei­t-Bestimmung­en. Der Caritasver­band im Erzbistum Paderborn hat daher mit „Carifair“eine Organisati­on gegründet, die osteuropäi­sche Kräfte zu fairen Bedingunge­n vermittelt. Sie bekommen einen Arbeitsver­trag mit 38,5 Stunden-Woche und Urlaubsans­pruch. Das kostet etwa 2400 Euro im Monat. „Im Prinzip kann auch jede Familie selbst einen Arbeitsver­trag mit einer ausländisc­hen Helferin schließen“,

 ?? FOTO: ISTOCK ?? Mehr als 200.000 Frauen überwiegen­d aus Osteuropa arbeiten Schätzunge­n zu Folge in deutschen Haushalten – oft als ungelernte Pflegekraf­t.
FOTO: ISTOCK Mehr als 200.000 Frauen überwiegen­d aus Osteuropa arbeiten Schätzunge­n zu Folge in deutschen Haushalten – oft als ungelernte Pflegekraf­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany