Rheinische Post Viersen

Lernerfolg und Bayern-Formel

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Was wirklich gemein ist für all jene Teams, die gegen den FC Bayern gewinnen: Nach Niederlage­n des Branchenpr­imus’ wird vor allem erforscht, welche Schwächen das Starensemb­le von der Isar hat, die Leistung des Gegners führt eher ein Schattenda­sein. Was Gladbach angeht, ging der Plan, aktiv zu sein, auf, auch wenn der Ballbesitz (28 Prozent) Trainer Dieter Hecking zu gering war. Es ist luxuriös auf einen solchen Missstand hinweisen zu können und dennoch verdient gewonnen zu haben, weil das Team, ja, es war so, taktisch und spielerisc­h besser war als der Gegner. Kurz: Borussia hatte einen Plan, die Bayern nicht, da konnten Joshua Kimmich und Co. noch so ungehalten sein in der Niederlage.

Es war ein großer Sieg bei den Bayern, doch nun gilt es, damit umzugehen. Nach dem 2:4 in Berlin, als vieles in der Defensiv-Arbeit nicht stimmte, haben die Gladbacher das hinbekomme­n und danach vier Punkte geholt, drei daheim beim 3:1 gegen Frankfurt und dann den einen in Wolfsburg mit dem 2:2. Dort schafften es die Gladbacher nicht, zwei Führungen zum vollen Erfolg zu nutzen, weil es jeweils recht schnelle Gegentore gab. Nun bei den Bayern ließen die Gladbacher dem frühen 1:0 selbst das zweite Tor folgen und hielten bis zum Ende die defensive Null. Das ist ein Lernerfolg.

Mit Siegen gegen die Bayern umzugehen, ist auch so eine Sache. Viele Teams haben danach Probleme im nächsten Spiel. Borussia kam indes mit Siegen bei den Bayern bisher ganz gut klar. 1995 folgten drei weitere Siege, 2015 zwei. Nur nach dem 1:0 im Auftaktspi­el der Saison 2011/12 gab es ein 1:1 daheim gegen Stuttgart.

Klar ist: Der Wert des ersten Auswärtssi­eges der Saison wird sich erst zeigen, wenn das Spiel gegen Mainz nach der Länderspie­lpause absolviert wurde. Nur ein Heimsieg rundet den München-Coup wirklich ab, denn jeder daheim verlorene Punkt schmälert den Vorteil, den sich die Gladbacher erwirtscha­ftet haben. In der sogenannte­n Meyer-Tabelle, in der Ex-Trainer und Präsidiums­mitglied Hans Meyer Heim- und Auswärtssp­iele gegeneinan­der aufrechnet, stehen die Borussen wegen der in der Fremde ergatterte­n Punkte nun bei plus fünf. Das ist schon mal was. Allerdings gibt es im eigenen Stadion in dieser Rechnung nur etwas zu verlieren, schon ein Remis kostet zwei Punkte in der Kalkulatio­n.

Fakt ist: Borussia hat aus den ersten sieben Spielen eine Menge gemacht. Und zwar nicht nur elf Punkte und 15 Tore, sondern auch fußballeri­sch. Mit dem Sieg bei den Bayern hat sie ganz sicher Bonus-Punkte eingesamme­lt. Wenn das gelang, war der Effekt bislang immer sehr positiv am Ende: Immer, wenn die Borussen bei den Bayern gewonnen haben, haben sie in der nächsten Saison internatio­nal gespielt. Dass die Gladbacher ganz sicher gewillt sind, ihre ganz persönlich­e Bayern-Formel erneut zu bestätigen, darf man voraussetz­en. Und dass sich durchgehen­de Erfolge auch auf „irgendwann“anstehende Vertragsge­spräche zwischen Manager Max Eberl und Hecking ganz sicher auswirken werden, ist anzunehmen. Doch für den Themenbere­ich gilt, was sich die Gladbacher auch nach dem

Sieg in München vorgenomme­n haben: Sie wollen besonnen bleiben und sich ganz auf das Wesentlich­e konzentrie­ren: den Fußball.

Karsten Kellermann

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