Rheinische Post Viersen

Reparieren statt Wegwerfen

Im Amerner Jugendzent­rum Chilly gibt es einmal im Monat ein Repair-Café. Dort lernen Besucher unter Anleitung, wie sie defekte Gegenständ­e wieder in Schuss bringen können. Dabei gibt es Kaffee und Kuchen.

- VON REBECCA DORMELS RP-FOTO: JÖRG KNAPPE

SCHWALMTAL Was macht man mit Sachen, die nicht mehr funktionie­ren? Die Dreijährig­e Lia kann ihren CD-Player nicht mehr richtig öffnen und schließen. Thomas Niehsen, ehrenamtli­cher Mitarbeite­r im Repair-Café in Schwalmtal, kann ihr schnell helfen. Am Ende schraubt das kleine Mädchen sogar selber die letzten Schrauben ein. So funktionie­rt das Prinzip des Repair-Cafés.

Jeder hat zu Hause Dinge liegen, die nach einer einfachen Reparatur meistens noch zu gebrauchen sind. Im Repair-Café geht es genau um diese Gegenständ­e. Unter dem Motto „Wegwerfen? Denkste!“kümmern

„Es geht nicht nur um die Reparatur, sondern das Zusammenar­beiten“Claudia Schinken

Bündnis für Familie

sich Ehrenamtli­che um die Reparatura­rbeiten.

Das Bündnis für Familie in Schwalmtal-Amern organisier­te das erste Repair-Café. Im Jugendzent­rum Chilly kann jeder seine defekten oder funktionsu­ntüchtigen Gegenständ­e vorbeibrin­gen und sich von den ehrenamtli­chen Reparateur­en helfen lassen. „Wichtig ist, dass es nicht nur um die Reparatur geht, sondern um das Zusammenar­beiten“, sagt Claudia Schinken vom Bündnis für Familie. Die Besucher sollen gemeinsam mit den Fachleuten an die Arbeit gehen und somit selber dazulernen.

Jürgen Grenzler ist der Initiator des Repair-Cafés in Amern. Der Weg dahin fing für ihn ganz klein in seinem Haus an. Grenzler half den Nachbarn bei einigen Reparature­n. „Da habe ich mir überlegt, ob man so etwas nicht auch in einem größeren Kreis machen könnte“, erzählt er.

Nach kurzer Recherche im Internet stieß er auf die Seite des Repair-Cafés. Das Konzept ist 2009 in Amsterdam entstanden. Es ist eine Initiative von Martine Postma, damals Journalist­in und Publizisti­n. Sie gründete 2010 die Stiftung „Stichting Repair Café“. Diese Stiftung unterstütz­t örtliche Gruppen weltweit, die ihr eigenes Repair-Café beginnen wollen. So unterstütz­t sie ebenfalls das Repair-Café in Schwalmtal.

Grenzler konnte mit der Idee überzeugen. Mit mittlerwei­le 20 Ehrenamtli­chen und über einem Jahr Planung ist aus der Idee jetzt Wirklichke­it geworden. Es gibt fünf engagierte Reparateur­e, die jeweils einen Fachbereic­h haben. Neben Technik und Elektrogeg­enständen gibt es auch eine Näherin und einen Fachmann für Holz. „Wir wollen aber keine Konkurrenz sein für die Werkstätte­n“, sagt Grenzler. „Es geht zum Beispiel um alte Gegenständ­e, die mittlerwei­le gar nicht mehr repariert werden, aber für die Besitzer einen hohen Wert haben.“Die Fachleute unterstütz­en sich auch gegenseiti­g und tauschen Material aus. „Das ist das Beste an dem Konzept: Das große Zusammensp­iel“, sagt Schinken. Auch die Nachbarsch­aft soll durch das gemeinsame Arbeiten

gestärkt werden. Ein weiteres Ziel ist es, den Müllberg der Gesellscha­ft zu reduzieren, der durch das Wegwerfen immer weiter wächst.

Im Fall von Klaus Wegener geht es nicht mal ausschließ­lich um eine Reparatur eines kaputten Gegenstand­s. Er hat im Internet ein Igelhäusch­en bestellt. Als es schließlic­h ankam, musste er feststelle­n, dass es in vielen kleinen Bauteilen zerlegt war, die er selbst nicht zusammenba­uen konnte. „Die Bedienungs­anleitung war viel zu komplizier­t“, sagt Wegener. Im Repair-Café erhält er zusätzlich zum Aufbau noch nützliche Tipps für später.

Für den Café-Charakter sorgen Kaffee und Kuchen, der ebenfalls von Ehrenamtli­chen bereitgest­ellt wird. Ein Ziel für die Zukunft ist für die Organisato­ren, auch Jugendlich­e mehr einzubezie­hen. „Außerdem wäre eine kleine Fahrradwer­kstatt toll“, sagt Schinken.

Das Repair-Café findet an jedem ersten Freitag im Monat von 16 bis 20 Uhr statt.

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Initiator Jürgen Grenzler (re.) zeigt Andre Grobe (li.) und Rainer Pricken, wie man die Kaffeemasc­hine wieder hinbekommt.

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