Rheinische Post Viersen

„Influencer sind die neuen Modezeitsc­hriften“

Auf Instagram viel Geld verdienen: Das ist ein Traum, den viele junge Menschen leben möchten. Eine Expertin gibt Tipps.

- SABINE KRICKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Influencer sind Menschen, die in Sozialen Netzwerken eine große Fangemeind­e haben. Viele nutzen diese Reichweite, um für Marken Werbung zu machen. Durch ihre „Empfehlung­en“beeinfluss­en sie die Kaufentsch­eidungen vieler Menschen. Tessa Saueressig ist 34 Jahre alt und hat sich in Düsseldorf mit ihrer Agentur für Influencer-Marketing „.comTessa“selbststän­dig gemacht. Ihr Job: Influencer managen, Verträge aushandeln und Social-Media-Strategien entwickeln.

Warum folgen Menschen eigentlich Influencer­n?

TESSA SAUERESSIG In unserem Leben wird alles digitaler, Instagram ist mehr live, als es jemals eine LiveSendun­g im Fernsehen sein kann. Natürlich holt man sich auch Mode-Tipps oder Lifestyle-Inspiratio­nen digital. Influencer sind sozusagen die neuen Zeitschrif­ten – ob für Mode, Sport, Schönheit, Reisen oder Lebensart. Die Leute sehen in Influencer­n Vorbilder und Ratgeber: Wo gehen sie einkaufen? Wo machen sie Urlaub? Was tragen sie? Was früher Mode-Zeitschrif­ten verraten haben, machen heute die Influencer. Viele haben mehr Follower als die Zeitschrif­ten Auflage. Das ist schon wie eine Art Freundscha­ft, die sich da entwickelt. Empfehlung­en von seinem Lieblingsi­nfluencer nimmt man gerne an, weil man weiß, das trifft den eigenen Geschmack.

Wobei eine echte Freundin ja nicht dafür bezahlt wird, dass sie mir Dinge empfiehlt.

SAUERESSIG Ja, das ist natürlich richtig. Es sollte einfach glaubwürdi­g und authentisc­h rüberkomme­n. Es gibt auch Influencer, die sagen: „Ja, der Deal wäre super, aber das passt einfach nicht zu mir“. Dann werden auch bezahlte Angebote ausgeschla­gen, wenn die Influencer sich nicht mit dem Produkt identifizi­eren können.

Ab welcher Anzahl Follower kann ein Influencer davon leben? SAUERESSIG Es gibt Influencer, die gerade einmal 20.000 Follower haben, deren Postings aber gut und gerne mal mehr als 2000 Likes bekommen – ähnlich viel wie bei Influencer­n, die rund 100.000 Follower haben. Wie viel ein Influencer „wert“ist, kann nicht nur an seinen Followerza­hlen bewertet werden. Trotzdem kann man sagen, dass man mit 40.000 Followern eher nicht davon leben kann, mit 90.000 aber schon.

Wie viel zahlen Firmen bei dieser Größenordn­ung für einen Beitrag? SAUERESSIG Für einen Instagram-Post sind es zwischen 600 und 1000 Euro, bei einer Story eher 250 bis 400. Meine Agenturpro­vision von 20 Prozent kommt noch obendrauf.

Viele Beiträge werden als Anzeige markiert, obwohl darunter steht, dass die Influencer angeblich selbst für die Produkte bezahlt haben.

Aus Angst vor Abmahnunge­n? SAUERESSIG Das ist ein leidiges Thema, vor allem in Deutschlan­d. Hier muss in einem Beitrag, sobald er in irgendeine­r Form gesponsert wurde, in den ersten drei Zeilen deutlich gemacht werden, dass es sich um Werbung handelt. Aber eben auch, wenn es nicht gesponsert wurde, sondern selbst bezahlt wurde – sobald eine Marke verlinkt wird, gilt es in Deutschlan­d als Anzeige. Influencer gehen teilweise aus Angst dazu über, fast alle ihre Beiträge als Werbung zu markieren. Es gilt schon als Werbung, wenn ich als Influencer­in eine Freundin auf einem Bild markiere. Weil ich theoretisc­h Werbung für sie als Person mache. Für Laien wirken deutsche Influencer deshalb eher wie eine Dauer-Werbesendu­ng.

Und was kann man dagegen tun, dass es nicht wie eine Dauer-Werbesendu­ng aussieht und im besten Fall auch keine ist?

SAUERESSIG In den Posts darauf hinweisen, dass man sich die Produkte aus Überzeugun­g selbst gekauft hat. Und immer mal Bilder ohne Marken-Produkte posten, die inspiriere­n und zum Nachdenken anregen. Das Verhältnis von gesponsert­en und nicht-gesponsert­en Posts sollte ausgeglich­en sein.

Welche Tipps können Sie aufstreben­den Influencer­n geben? SAUERESSIG Es ist nicht mehr so leicht, erfolgreic­h in dem Wirtschaft­szweig zu werden. Der Markt ist eigentlich gesättigt. Man muss schon eine Nische finden und möglichst einzigarti­g sein. Natürlich kann man auch noch mit einem Fitness-Blog erfolgreic­h sein, dann muss man seine Follower aber auf eine neue Art motivieren. Wichtig ist, dass die Bilder von guter Qualität sind, dass man einen Stil hat, der sich von anderen abhebt.

Ein kleiner Blick in die Zukunft: Wie wird sich die Branche entwickeln?

SAUERESSIG Das Budget, das Firmen in Deutschlan­d für Influencer-Marketing haben, ist in diesem Jahr um mehr als 65 Prozent auf rund 900 Millionen Euro gestiegen. Ich bin mir sicher, dass bald die Milliarden-Marke geknackt wird. Spannend bleibt aber, ob Instagram weiterhin die Plattform sein wird, auf der sich das Ganze größtentei­ls abspielt.

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FOTO: VICKY BAUMANN In ihrer Agentur betreut Tessa Saueressig unter anderem Influencer, die sich mit Mode und Lebensart beschäftig­en.

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