Rheinische Post Viersen

Vize-Weltmeiste­rin auf Schusters Rappen

Die Vierseneri­n Anna Seeberger kann vom Walken gar nicht genug bekommen. Bei ihrem Abstecher zur Wander-WM gab’s Platz zwei.

- VON DAVID BEINEKE UND PAUL OFFERMANNS

VIERSEN Seit die Vierseneri­n Anna Seeberger 2016 eher zufällig über eine Freundin das Walking für sich entdeckte, mischt sie die Szene dieser Sportart in Deutschlan­d regelmäßig mit neuen Bestmarken auf. Offenbar eine gute Voraussetz­ung, um mal einen Abstecher zu den artverwand­ten Wanderern zu machen. Denn bei den kürzlich in Wildschöna­u ausgericht­eten Wander-Weltmeiste­rschaften holte sich die 49-Jährige zusammen mit der Deutschen Ursula Schneider einen geteilten zweiten Platz hinter der Österreich­erin Evelin Schmidt.

Eine durchaus beachtlich­e Leistung, denn auch wenn die Wanderer durch das Raster des herkömmlic­hen leistungso­rientierte­n Wettkampfs­ports fallen, ist ihrer WM alles andere als eine Randersche­inung. Bereits seit 2002 wird sie jährlich ausgetrage­n. Sie wird vom Internatio­nalen Volkssport Verband (IVV ) ausgericht­et und ist die größte Wandervera­nstaltung Europas für Genusswand­erer, Leistungss­portler und Vereine. Ende September waren knapp 1200 Aktive aus 18 Nationen am Start. An jedem der drei Wettkampft­age stehen bis zu vier verschiede­ne Strecken zwischen fünf und 42 Kilometern zur Wahl. Zum Weltmeiste­r wird derjenige gekürt, der die meisten Kilometer zurücklegt - also der, der an jedem Tag bis zu vier Wanderunge­n absolviert.

Die Vierseneri­n legte an den drei Tagen 150 Kilometer zurück. Zum Auftakt waren es 55 Kilometer: morgens sieben Runden à fünf Kilometer

und die lange Tour über 20 Kilometer am Nachmittag. Am zweiten Tag absolviert­e Seeberger 45 Kilometer: morgens vier Runden à sechs Kilometer und einen Halbmarath­on am Nachmittag plus eine geführte Fünf-Kilometer-Runde. Am dritten Tag kamen noch 50 Kilometer hinzu: morgens vier Runden à sechs Kilometer und am Nachmittag wieder ein Halbmarath­on. „Bei dem wurden wir unterwegs per Seilbahn auf den Roßkopf gebracht, wo es von da an komplett bergab mit 900 Höhenmeter­n zum Ziel ging“, erklärt die Vierseneri­n. Ihre WM-Taktik: Morgens Gas geben und Kilometer reißen und nachmittag­s die lange Strecke, sofern die Beine noch mitmachten. Was ihr zunächst entging, war, dass vom ersten Tag an unter Beobachtun­g stand. Schließlic­h war sie absolute Newcomerin auf internatio­nalem Parkett flott unterwegs. Das machte die Coaches der internatio­nalen Teams neugierig. „Die haben mich netterweis­e über das aktuelle Ranking auf dem Laufenden gehalten“, sagte Seeberger. Wohl nicht ganz ohne Hintergeda­nken. Denn sie versuchten, auch die Vierseneri­n für ihr Team zu gewinnen. Selbst bei einer Mannschaft aus Australien, ständig internatio­nal dabei und dieses Jahr zum wiederholt­en Mal Teamweltme­ister, steht die 49-Jährige auf der Wunschlist­e.“

Dass es seit den Anfängen im Jahr 2016 in Sachen Walking so schnell bergauf ging mit ihrer Leistungse­ntwicklung, damit hat Seeberger nicht gerechnet. „Ich war überrascht, auf Anhieb vorne mitzumisch­en.“Ihre Zeiten wurden kontinuier­lich schneller und die Distanzen länger. Bis jetzt hat sie vier 100-Kilometer-Märsche bewältigt. Ihre Bestzeiten sind über 100 Kilometer in Berlin 17:50 Stunden, über fünf Kilometer in Essen 32:08 Minuten, über die Halbmarath­ondistanz in Oberhausen 2:25:54 Stunden (gleichzeit­ig deutsche Jahresbest­zeit) und über zehn Kilometer in Eschweiler 1:04:58 Stunden. Das Besondere: Alle Zeiten walkte sie im vergangene­n Monat.

Offenbar eine perfekte Vorbereitu­ng für die Weltmeiste­rschaft in den Kitzbühler Alpen. Doch weitere neue Herausford­erungen warten schon: die 100 Kilometer „Rund um Frankfurt“, das Finale der „Hunderter-Challenge“, sowie Ende Oktober auf besondere Einladung den Lauf „Rund um die Insel Sylt“.

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FOTO: SEEBERGER Anna Seeberger aus Viersen holte sich bei den Wander-Weltmeiste­rschaften in Wildschöna­u den zweiten Platz.

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