Rheinische Post Viersen

Marathon-Männer rennen für den Erfolg

Jonas Hofmann war in München in seinem sechsten Spiel zum sechsten Mal der lauftstärk­ste aller Akteure. Auch die anderen Männer in der Zentrale sind viel unterwegs – und machen nicht nur lange, sondern auch die richtigen Wege.

- VON KARSTEN KELLERMANN FOTO: DIRK PÄFFGEN

MÖNCHENGLA­DBACH Jonas Hofmann hat sich nicht lumpen lassen. Er hat sich seinen Status als Borussias Marathon-Mann zurückgeho­lt. Nachdem er vor einer Woche in Wolfsburg pausieren musste, wohl um bereit zu sein für den Job in München, entpuppte sich Patrick Herrmann als würdiger Vertreter: Er war, wie in den fünf Ligaspiele­n zuvor Hofmann, der laufstärks­te aller Spieler. Nun in München holte sich Hofmann den Spitzenpla­tz zurück. 13,44 Kilometer absolviert­e Hofmann beim 2:0 gegen Leverkusen, beim 1:1 in Augsburg reichten 12,77 Kilometer für den Spitzenpla­tz, 13,04 waren es beim 2:1 gegen Schalke, 12,94 dann in Berlin. Mit 13,63 Kilometern stellte er in München einen persönlich­en Saisonreko­rd auf.

Zweitbeste­r Gladbacher Läufer war, wie gegen Frankfurt und in Wolfsburg, Christoph Kramer, der wie Hofmann mehr als 13 Kilometer machte, 13,08 ganz genau. Auch Florian Neuhaus (9,70 Kilometer), der 74 Minuten spielte, und Denis Zakaria (3,59), der nach 66 Minuten für Lars Stindl kam, hatten für ihre Spielzeit gute Werte. Motto: Kilometer bringen Punkte. Hofmann personifiz­iert das insbesonde­rs. Weil er nicht nur viele, sondern auch die richtigen Wege macht. So war er vor dem 0:1 und vor dem 0:2 jeweils zur rechten Zeit am rechten Fleck und legte den Torschütze­n Alassane Plea und Stindl die Treffer auf. Dass er in der Entstehung des zweiten Tores Thiago den Ball abnahm, kam hinzu. „Jonas ist prädestini­ert für dieses Spiel“, sagte Trainer Dieter Hecking, der in dieser Saison sechs von sieben Spielen voll auf den vielseitig­en Offensivma­nn setzte.

Hofmann, der im Januar 2016 für acht Millionen Euro aus Dortmund gekommen ist, suchte lange seine Rolle in Gladbach, er war aber immer mehr eine Andeutung dessen, was er sein kann, als konkret. Nun ist er mitten drin im Borussen-Spiel, als Achter kann er sein Spiel, das kreativ, aktiv und laufintens­iv ist, ausleben. „Ich bin immer eingebunde­n und gefordert, das brauche ich“, gesteht er.

Das laufstarke Mittelfeld ist das Herzstück und der Motor des neuen Systems und somit eines der Geheimniss­e des aktuellen Gladbacher Höhenflugs: Das Zentrum rennt für den Erfolg. Das frühe Anlaufen des Gegners, ihn damit beeindruck­en, ihn unter Druck zu setzen, das macht das 4-3-3 aus, so wird der fehlende Defensivma­nn vor der Abwehr kompensier­t. Vor allem kommt es auf das richtige Timing an. „Da muss man ein bisschen intuitiv reagieren und sehen, ob es die Situation erlaubt, draufzugeh­en“, sagte Hofmann. „Wir wollten die Bayern schon vorne zustellen. Das ist aber nicht so einfach, gerade in München wird man auch mal hinten rein gedrängt“, sagte Hofmann.

So war es in der Anfangspha­se, da sah es aus, als würde die Wut der Bayern das Team von Nico Kovac antreiben. Doch Borussia befreite sich – auch, weil das Mittelfeld bei Ballgewinn­en schnell, gut und griffig umschaltet­e und die Stürmer bei den ersten beiden Angriffen „eiskalt waren“, wie Hofmann sagte: „Alassane macht aus einem Schuss ein Tor, Lars auch. Wenn du vorne so cool bist und defensiv so gut stehst, dann kannst du in München etwas mitnehmen.“Wie wichtig das Timing ist, zeigte sich beim 2:4 in Berlin, der einzigen Niederlage der Saison. Da waren die Achter oft zu forsch und übermütig, weswegen sich den Berlinern in ihren Rücken Räume boten, die sie weidlich nutzten. Hecking rotiert in der Zentrale. Strobl, Kramer, Hofmann,

Neuhaus, Zakaria und Cuisance bekamen schon ihre Spielzeit, wobei Cuisance sicher etwas mehr erwartet hatte von seiner zweiten Saison. Hinten dran ist noch Laszlo Bénes, der zuletzt in der U23 Spielpraxi­s gesammelt hat. Und nun ist auch Kapitän Stindl da, den man sich ebenfalls als Achter vorstellen kann. Für das Mittelfeld gilt, was für den Rest der Mannschaft­steile festzuhalt­en ist: Der ausgeweite­te Konkurrenz­kampf belebt offenbar Körper und Geist der Spieler.

Jonas Hofmann, der sich mit seiner bisher sehr engagierte­n Saison zumindest interessan­t gemacht hat auch für Bundestrai­ner Joachim Löw, der sich letztlich aber für Schalkes Mark Uth entschied für die deutschen Nations-Cup-Spiele in den Niederland­en und Frankreich, geht mit der positiven Gesamtsitu­ation gelassen um. „Wir gehen unseren Weg weiter, wie die ganze Zeit auch. Wir schauen jetzt auf Mainz. Es hat uns gut getan, von Spiel zu Spiel zu denken, damit sind wir gut gefahren. Wir bewahren die Ruhe“, sagte Hofmann. Genau das ist auch auf dem Rasen der Job: So offensiv zu sein wie möglich, aber immer mit Bedacht und Kalkül, nicht im Aktionismu­s.

 ??  ?? Borussias Dauerläufe­r: Jonas Hofmann hat den Ball am Fuß, aber den Blick für die freien Leute und Räume vor ihm. Bayern Münchens James Rodríguez schaut vorsorglic­h, ob irgendwer den Borussen stoppen kann.
Borussias Dauerläufe­r: Jonas Hofmann hat den Ball am Fuß, aber den Blick für die freien Leute und Räume vor ihm. Bayern Münchens James Rodríguez schaut vorsorglic­h, ob irgendwer den Borussen stoppen kann.

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