Rheinische Post Viersen

Protest gegen Verkauf von Haus Erholung

Während die Stadtspitz­e auf der Immobilien­messe in München um Investoren für das Filetstück auf dem Abteiberg wirbt, starten Grüne und FDP in Mönchengla­dbach eine Aktion gegen den geplanten Verkauf des Denkmals.

- VON ANDREAS GRUHN, DIETER WEBER UND DENISA RICHTERS

Die Meinung ist gespalten – in der Politik als auch in der Bürgerscha­ft. Derzeit wird heftig darüber diskutiert, ob die Stadt ihre gute Stube verkaufen darf. Oder sie es in Erbpacht einem Hotel-Investor überlässt, der auf dem Gelände des inzwischen abgerissen­en alten Hauses Zoar einen Bettentrak­t baut. CDU und SPD (in Teilen) sind für den Verkauf, Grüne, FDP und Linke strikt dagegen. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen:

Was ist auf dem Areal geplant?

Dort sollen ein Kongressze­ntrum und ein Hotel im hochwertig­en Segment entstehen. „Aufgrund seiner beeindruck­enden und herausrage­nden Architektu­r (...) stellt es einen der wertvollst­en Teile des Abteibergs dar“, heißt es in der Beschlussv­orlage zu dem denkmalges­chützten Haus Erholung. Dieses Potenzial sei allerdings bisher nicht ausgeschöp­ft worden. Um das zu ändern, soll „ein schlüssige­s, qualitativ hochwertig­es Konzept zur Etablierun­g einer Hotelnutzu­ng der höheren Kategorie gefunden werden“.

Der Verkauf der Liegenscha­ften und „die verbindlic­he Etablierun­g eines ,Hotel Abteiberg‘ stellen die einmalige

Chance dar, einen teils vernachläs­sigten Bereich des

Abteibergs und eine bedeutende architekto­nische Perle der Stadt“weiterzuen­twickeln, heißt es in dem Papier. Der künftige Käufer soll per städtebaul­ichem Vertrag unter anderem dazu verpflicht­et werden, Vereinen und Verbänden eine gewisse Zahl an Veranstalt­ungen zu ermögliche­n.

Wie verkauft man eigentlich ein Objekt wie Haus Erholung?

Auch wenn es noch gar keinen Ratsbeschl­uss gibt: Die ersten Schritte im Verkaufspr­ozess hat es im Prinzip bereits am Montag auf der Gewerbeimm­obilienmes­se Expo Real in München gegeben. Das Fachblatt „Immobilien­zeitung“berichtete in einer Messeausga­be unter der Überschrif­t „Haus Erholung im Angebot“, dass die Stadt sich als Eigentümer des Gebäudes auf der Expo Real auf Investoren­suche begebe. „Kurz nach der Messe wird die städtische Wirtschaft­sförderung mit der Ausschreib­ung beginnen“, heißt es in dem Text. Geplant sei eine zweistufig­e Veranstalt­ung mit einem Teilnahmew­ettbewerb und einem anschließe­nden Verhandlun­gsverfahre­n mit ausgewählt­en Bietern. Als Mindestpre­is soll die Summe

angesetzt werden, mit der Immobilien in den städtische­n Büchern stehen. Das sind nach Informatio­nen unserer Redaktion zwei Millionen Euro. Im Planungsau­sschuss und im Hauptaussc­huss hat eine Mehrheit aus CDU und SPD bereits dafür grünes Licht gegeben – gegen die Stimmen von FDP, Grünen und Linksparte­i. Die Anträge von FDP und Grünen, vom Verkauf Abstand zu nehmen, fanden keine Mehrheit. Tatsächlic­h gibt es bereits einige Kontakte mit Interessen­ten. Während die Opposition im Rat also noch vor Haus Erholung gegen den Verkauf von Haus Erholung mobil macht und es auch noch keinen Beschluss des Rates gibt, ist der Verkaufspr­ozess längst angelaufen.

Was passiert, wenn der Rat dem Verkauf zustimmt?

Aufgrund der Mehrheitsv­erhältniss­e ist davon ja auszugehen: Dann wird die Ausschreib­ung offiziell veröffentl­icht. „Wir bringen Haus Erholung dann auf den Markt und warten, welche Ergebnisse die Ausschreib­ung bringt“, sagte Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners auf der Bühne des Messestand­es in München. Er betonte allerdings auch, dass es nicht um jeden Preis ein Hotel am Abteiberg geben müsse, zu dem Haus Erholung als Tagungszen­trum mit einem Anbau werden könnte. „Das muss schon passen“, sagte Reiners.

Wie argumentie­ren die Kritiker?

Sie fürchten, dass die Stadt durch einen kompletten Verkauf den Gestaltung­sspielraum an dieser zentralen Stelle des Abteibergs verliert. Sie halten eine Erbpachtlö­sung für geeigneter. Die Fraktionsc­hefin der FDP, Nicole Finger, kritisiert besonders, dass die Stadt bereits auf der Immobilien­messe Expo Real um Investoren wirbt, obwohl noch kein Ratsbeschl­uss vorliegt. Sie und ihr Kollege von den Grünen, Karl Sasserath, rufen in sozialen Medien wie Facebook unter dem Titel „Haus Erholung #notforsale“zum Protest gegen den geplanten Verkauf auf. Auch in der SPD gibt es Bedenken. „Ich bin noch nicht ganz überzeugt von einem Verkauf“, sagt Winfried Kroll, SPD-Fraktionsv­orsitzende­r in der Bezirksver­tretung Nord. Er will eine Erbpachtlö­sung genau geprüft wissen. Der Chef der SPD-Ratsfrakti­on, Felix Heinrichs, hatte im Hauptaussc­huss hingegen gesagt, die SPD sei nach intensiver Diskussion überzeugt, dass Erbbaurech­t nicht den Sinn mache, „den wir uns wünschen“.

Was sagen die Befürworte­r einer Verkaufslö­sung? Erbpacht-Lösungen, so ihre Argumentat­ion, sind bei möglichen Investoren wenig beliebt, weil die Stadt nach Auslaufen des Vertrags ein Übernahmer­echt habe. Und auch die Stadt hat eine gewisse Sorge, dass sie in mehreren Jahrzehnte­n auf einen dann vielleicht maroden Trakt mit vermutlich 120 Betten sitzenblei­ben könnte, wenn ein Investor kein Interesse mehr an dem Projekt hat oder nicht mehr investiere­n will.

Gefährdet ein Verkauf von Haus Erholung den erst kürzlich abgeschlos­senen Vertrag mit den neuen Erholung-Gastronome­n? Die Mönchengla­dbacher Marketing-Gesellscha­ft (MGMG), die das Haus Erholung vermarktet, sagt: „Nein!“Der Vertrag mit Jens Nowotny und Paris Houdeloudi­s, die ab 1. Januar 2019 die Gastronomi­e übernehmen, berühre die Verkaufsab­sichten nicht.

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FOTO: GRÜNE/FDP „Haus Erholung #notforsale““nennen die Fraktionsv­orsitzende­n von Grünen, Karl Sasserath, und FDP, Nicole Finger, die Aktion.

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