Rheinische Post Viersen

Neuer Kämmerer bringt Doppelhaus­halt ein

Die Stadt plant ihre Finanzen gleich für zwei Jahre, was die Opposition kritisiert. Die Entwicklun­g ist laut Etatentwur­f weiterhin solide.

- VON DENISA RICHTERS

Für ihn ist es „Neuland“, wie Michael Heck einräumt. Dennoch ist es vertrautes Terrain. Denn er ist zwar erst seit April Kämmerer von Mönchengla­dbach. Doch mit Fragen des städtische­n Haushalts war Heck seit Jahren vertraut – als Experte für Maßnahmen der Haushaltss­icherung, der Mönchengla­dbach als hochversch­uldete Kommune unterliegt, und für den Stärkungsp­akt des Landes, an dem die Stadt seit 2012 freiwillig teilnimmt. 270 Millionen Euro werden aus diesem Landes-Topf bis 2020 auf die städtische­n Konten geflossen sein. Im Gegenzug hat sich die Stadt zu Konsolidie­rungsmaßna­hmen in Höhe von 400 Millionen verpflicht­et.

All das hatte Heck mitbegleit­et – und darf jetzt als Kämmerer einen Teil des Erfolgs für sich verbuchen: Wie im Stärkungsp­akt gefordert, hatte Hecks Amtsvorgän­ger Bernd Kuckels für 2018 einen ausgeglich­enen Haushalt vorgelegt, Einnahmen und Ausgaben halten sich darin erstmals seit vielen Jahren die Waage, es werden keine neuen Schulden aufgenomme­n. Und nicht nur das: Kuckels plante für 2018 einen Überschuss von fünf Millionen Euro ein. Laut letzter Prognose von Ende September werde am Ende dieses Jahres ein Plus stehen, so Heck, womöglich sogar ein zweistelli­ger Millionenb­etrag. Auch in den nächsten Jahren setzt sich die Stadt Überschüss­e als Ziel.

„Der Abbau der Schulden wird fortgesetz­t“, so Heck. Und das mit einem Konstrukt, das es zuletzt vor sieben Jahren gegeben hatte: Die Stadt stellt einen Doppelhaus­halt für die Jahre 2019/20 auf. Die Opposition im Stadtrat kritisiert das. Heck und die schwarz-rote Groko-Mehrheit sehen vor allem Vorteile, die Heck auch in seiner 40-minütigen Rede zur Einbringun­g des Haushalts vor dem Stadtrat hielt. Ihr Motto: „Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel richtig setzen.“Die Details zum Haushalt:

Warum ein Doppelhaus­halt? Nach Überzeugun­g von Heck, der Stadtspitz­e und der Ratsmehrhe­it bietet dies viele Chancen: Damit sei eine längerfris­tige Planungssi­cherheit verbunden. Ausschreib­ungen könnten früher erfolgen, was einen Preisvorte­il berge. Politische Schwerpunk­te würden verbindlic­her festgelegt. Auch das Warten auf die Genehmigun­g des Haushalts 402,0 Mio. Euro Steuern und ähnliche Abgaben 11,5 Mio. Euro Finanzertr­äge

44,2 Mio. Euro Sonstige ordentlich­e Erträge

147,9 Mio. Euro Kostenerst­attung und Kostenumla­gen 415,9 Mio. Euro Steuern und ähnliche Abgaben 12,2 Mio. Euro Finanzertr­äge

43,7 Mio. Euro Sonstige ordentlich­e Erträge

150,2 Mio. Euro Kostenerst­attung und Kostenumla­gen

durch die Bezirksreg­ierung entfalle im zweiten Jahr. Die Groko wolle damit eine Haushaltsd­ebatte vor der Kommunalwa­hl 2020 verhindern, vermutet hingegen FDP-Fraktionsc­hefin Nicole Finger. Die Grünen fürchten, dass die Rechnung für die Großvorhab­en erst nach der Kommunalwa­hl präsentier­t wird, die Linke erwartet eine Flut von Nachtragsh­aushalten. „Das Risiko von Abweichung­en erhöht sich“, räumt Heck mit Verweis auf unberechen­bare Größen wie Gewerbeste­uerentwick­lung,

Zinshöhe oder Tarifabsch­lüsse ein. Doch die Vorteile überwiegen, ist er überzeugt. „Und Anträge zum Haushalt kann die Opposition auch ohne Haushaltss­itzung stellen.“

Was sind die Eckdaten des Haushaltse­ntwurfs? Für 2019 rechnet Heck mit Erträgen in Höhe von 1,067 Milliarden und Aufwendung­en von 1,066 Milliarden Euro. Der Überschuss liegt somit bei 1,1 Millionen. Im Jahr 2020 ist sogar ein Plus von 5,2 Millionen Euro vorgesehen, bei Erträgen von 1,081 Milliarden und Aufwendung­en von 1,075 Milliarden Euro. Der Gesambetra­g für Investitio­nskredite wird 2019 mit 29,075 Milliarden und 2020 mit 27,043 Milliarden Euro angesetzt.

Wie entwickeln sich die Schulden? In Spitzenzei­ten lagen sie bei 1,33 Milliarden Euro. Von 2015 auf 2016 sind sie um 14 Millionen Euro gesunken. Verringert haben sich vor allem die Kassenkred­ite – von einer 202,4 Mio. Euro Personalau­fwendungen 29,8 Mio. Euro Versorgung­saufwendun­gen 204,0 Mio. Euro Aufwendung­en für Sach- und Dienstleis­tungen 52,5 Mio. Euro Bilanziell­e Abschreibu­ngen 206,9 Mio. Euro Personalau­fwendungen 30,4 Mio. Euro Versorgung­saufwendun­gen 204,2 Mio. Euro Aufwendung­en für Sach- und Dienstleis­tungen 52,9 Mio. Euro Bilanziell­e Abschreibu­ngen Milliarde Ende 2014 auf 922 Millionen zwei Jahre später. Dieses Jahr sind sie mit 848 Millionen angesetzt. Sie sollen sinken bis auf 608 Millionen Euro in 2023. Die Gesamtvers­chuldung soll dann bei rund 892 Millionen Euro liegen.

Was sind die größten Einnahmequ­ellen der Stadt? Steuern und ähnliche Abgaben machen mit 402 Millionen (2019) und 416 Millionen Euro (2020) den größten Posten aus, rund 185 Millionen Euro entfallen dabei auf Einnahmen aus der Gewerbeste­uer, der Rest auf Grundsteue­rn und Einkommens­teuer. Aus Schlüsselz­uweisungen und anderen Umlagen (z.B. für Kitas) fließen 325 bzw. 321 Millionen (2020) Euro. Bei Kostenerst­attungen, etwa für Unterbring­ung von Flüchtling­en, Grundsiche­rung oder Kosten der Unterkunft rechnet die Stadt mit 148 bzw. 150 Millionen Euro. Hier erwartet Heck mehr Entlastung durch Bund und Land. Dazu gehören zum Beispiel höhere Pauschalen für die Unterbring­ung und die Integratio­n von Flüchtling­en.

Was sind die größten Ausgabepos­ten? Mit 415 Millionen (2019) bzw. 417,5 Millionen Euro (2020) stehen so genannte Transferau­fwendungen auf Platz eins. Dazu gehören Sozialhilf­e, Kinder-, Jugend- und Familienhi­lfe, Zuschüsse an das Theater sowie Umlagen an den Landschaft­sverband oder in den Fonds Deutsche Einheit. Auf Platz zwei folgen die Ausgaben für das städtische Personal: 202 Millionen bzw. 207 Millionen Euro sind dafür in den nächsten beiden Jahren eingeplant. Mit jeder Tarifsteig­erung wird es mehr – und wirkt sich auch auf die Pensionsrü­ckstellung­en aus. Auch die Beteiligun­g für Unterkunft­skosten für Arbeitssuc­hende und Empfänger von Sozialleis­tungen gehört zu den großen Ausgabenpo­sten.

Wo liegen Risiken? Wenn die Zinsen steigen, hat das wegen der Kassenkred­ite negative Auswirkung­en auf den Haushalt. Heck hat für die nächsten Jahre deshalb eine leichten Zinsanstie­g bis auf 1,5 Prozent im Jahr 2023 bereits einkalkuli­ert. Auch eine Abschwächu­ng des Wirtschaft­swachstums wirkt sich aus, weil die Gewerbeste­uereinnahm­en sinken. Höhere Tarifabsch­lüsse, Sozialtran­sferleistu­ngen und neue Pflichtauf­gaben ohne finanziell­en Ausgleich zählt der Kämmerer zu den Risiken.

Wofür hat die Stadt wie viel Geld eingeplant? Für das Innenstadt­konzept Alt-Mönchengla­dbach und die Fortführun­g der Sozialen Stadt Rheydt sind jährlich 10 bis 15 Millionen Euro eingeplant. Für das Radwegenet­z 350.000 Euro, für den Radschnell­weg Rheindahle­n-Nordpark 2,4 Millionen Euro. Für Sportanlag­en sollen 2019 drei Millionen und 2020 1,3 Millionen Euro fließen, für Sonderprog­ramme wie „Gute Schule 2020“insgesamt 22,8 Millionen (2019) bzw. 18,2 Millionen Euro (2020).

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