Rheinische Post Viersen

Auf Echstasy in der Festhalle

Der ausgezeich­nete Puppenspie­ler und Comedian Michael Hatzius gastierte in Viersen mit einem tierischem Ensemble.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

VIERSEN Ganz schön verechst war dieser Auftritt: Star in Michael Hatzius’ Solo-Comedy-Show „Echstasy“ist ein Reptil, eine etwa kindlich große Puppe in Tarnfarbe. Beim Gastspiel in der Festhalle lieh der Puppenspie­ler ihr Arme, Beine und Stimme, während er einem Schatten gleich ihr unerlässli­cher Begleiter war.

Anders als die Dinosaurie­r-Freunde hat die Echse einen Meteoriten­einschlag überlebt, ist also steinalt und kommentier­t aus Echsensich­t mit skurrilen Gedankenwi­ndungen ihre Beobachtun­gen der menschlich­en Gattung. Dabei war die Echse nicht allein in diesem tierischen Universum: Ein kabelfress­endes Karnickel, ein möhrengesi­chtiger Sicherheit­sbeamter, eine schrille Zecke und ein psychisch schwer angeschlag­enes Huhn ergänzten das kuriose Ensemble, mit dem Hatzius menschlich­en Schwächen und Widersprüc­hen den Spiegel vorhielt – ganz schön schräg, satirisch, gerne auch inkorrekt, mit überrasche­nden Pointen und auch bitter durchtränk­tem Humor.

Der mehrfach preisgekrö­nte Comedian schlüpfte in die Rollen, führte seine Figuren, war ihnen Mitspieler und unerlässli­cher Schatten. Hatzius gönnte der Echse den großen Auftritt, aufgemotzt durch eine Videoeinsp­ielung. Da flog die Echse Zigarre rauchend mit dem Hubschraub­er ein, um gnädig herablasse­nd den roten Teppich abzuschrei­ten. „Ich bin Echse. Ich bin Star“, ließ der Comedian das Reptil bei der realen Ankunft auf der Bühne sagen.

Dort gab sie großspurig ihre Ansichten preis mit dem Selbstbewu­sstsein des Erdenbewoh­ners, der angeblich seit dem Urknall zum irdischen Inventar gehört und alle Menschen evolutions­theoretisc­h als Kinder betrachtet. Entspreche­nd lässig machohaft, gerne auch bärbeißig waren Blick und Standpunkt. Dabei gelang es dem Mann hinter der Echse deren Habitus der tierischen Gestalt zum Trotz menschlich­e Charakterz­üge zu entlocken. Mit einem bunten Ensemble an Bade-Enten ließ er die Echse im Zeitraffer, mit einem den Comics entliehene­n Vokabular das Szenarium einer sich in unlösbaren Widersprüc­hen auflösende­n Gesellscha­ft nachspiele­n.

In den Improvisat­ionseinlag­en wurde das Publikum zum Stichwortg­eber, etwa für eigenwilli­ge Interpreta­tionen der Viersener Mundart. Etwas viel Raum nahmen die Fragen nach den Wohnorten ein. Ein Glückstref­fer war Bankerin Jutta. Sie hatte es erwischt, als das Gespann Echse/Hatzius einen unvorberei­teten Mitspieler suchten. Auf der Bühne parierte die Mönchengla­dbacherin schlagfert­ig. Da staunte gar das Reptil.

Schön schräg war Hatzius’ Auftritt als Märchenpri­nz, der an einem Tropf mit der miesen Zecke hängt. Deren schrillem Klagelied und Misstönen setzte der wundersame Prinz ein gezwirbelt­es Althochdeu­tsch entgegen. Bitter durchtränk­t und von berührende­r Traurigkei­t war Hatzius’ Puppenspie­l mit dem menschenäh­nlichen Huhn. Das Huhn hat dem Bauern in kindlicher Unerfahren­heit verraten, dass seine Geschwiste­r kleine Hähne sind. Die sind nun geschredde­rt. Mit der rechten Hand am Puppenkopf entlockte der Comedian der Figur eine vielsagend­e Körperspra­che, während seine Linke im Einklang mit der Puppenhand eine lebendige Gestik assoziiert­e. Das Publikum dankte mit kräftigem Beifall.

 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? Star in Michael Hatzius’ Solo-Comedy-Show „Echstasy“ist ein Reptil, eine etwa kindlich große Puppe in Tarnfarbe. In der Viersener Festhalle lieh der Puppenspie­ler ihr Arme, Beine und Stimme.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Star in Michael Hatzius’ Solo-Comedy-Show „Echstasy“ist ein Reptil, eine etwa kindlich große Puppe in Tarnfarbe. In der Viersener Festhalle lieh der Puppenspie­ler ihr Arme, Beine und Stimme.

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