Stadt Kempen ist ohne Konzept beim Thema preiswertes Wohnen
In der Thomasstadt könnten sich die Versäumnisse der Vergangenheit rächen. Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Die Politik hatte dies immer angemahnt. Passiert ist aber kaum etwas.
KEMPEN Die Stadt Kempen ist bis heute ein attraktiver Wohnort für finanzkräftige Familien, die sich hier den Traum vom eigenen Heim erfüllen. Das belegen auch die Wartelisten bei der Stadtverwaltung für Interessenten, die ein Baugrundstück suchen. Diese Interessenlage hat bei den Verantwortlichen im Rathaus den Blick für die Problemlagen nicht so zahlungskräftiger Bürger offenbar über Jahre verschränkt. Nicht anders ist es zu erklären, dass ein Konzept fehlt, mit dem die Stadt auch den preiswerten Mietwohnungsbau ankurbeln möchte.
In der Ratssitzung herrschte in der Politik Einigkeit darüber, dass sich dabei dringend etwas ändern muss. Zum wiederholten Male gab es entsprechende Absichtserklärun- gen aus allen Fraktionen. Die gibt es übrigens seit einigen Jahren. Gehandelt hat aber bis heute niemand so recht. Das Thema wieder in die aktuelle Diskussion brachten die Grünen mit einem Antrag, der im Zusammenhang mit zwei weiteren Häusern steht, die für die Unterbringung von Flüchtlingen und anerkannten Schutzberechtigten gebaut werden müssen. Die Stadt musste hier umplanen, weil das ursprünglich geplante Grundstück am Schmeddersweg wegen der Lärmschutzproblematik an der benachbarten Sportanlage für dauerhaftes Wohnen nicht in Frage kommt. Stattdessen will die Stadt die marode Notunterkunft neben dem Bürgerhaus in Voesch abreißen und dort ein neues Wohnhaus bauen.
Dieser Standort missfiel der Politik bereits im Sozialausschuss. Die Verwaltung wurde aufgefordert, nach einem anderen Standort zu suchen. Doch den gibt es auch nach der Ratssitzung nicht. Im Gegenteil: Obwohl alle politischen Parteien diesen Standort für ungeeignet halten, stimmten CDU, Grüne und Freie Wähler dafür, dort zumindest eine Interimslösung zu errichten, ein Wohnhaus für Flüchtlinge, die so lange bleiben, bis an anderer Stelle eine geeignete Wohnung gefunden ist. SPD, FDP und Linke lehnten eine solche Lösung ab.
Das Problem: Die Stadt verfügt über keinen geeigneten Wohnraum für Flüchtlinge, aber auch für andere Menschen mit geringem Einkommen. Den Absichtserklärungen der vergangenen Jahre, man müsse endlich preiswerten Wohnraum in Kempen schaffen, sind nur bedingt Taten gefolgt. Im Rathaus verfügt man weder über ein Konzept noch über geeignete Grundstücke. Als Grünen-Fraktionssprecher Joachim Straeten in der Ratssitzung den Bürgermeister direkt ansprach („Herr Rübo, wir müssen handeln!“), zählte der zwar eine Reihe von möglichen Standorten für preiswerten Wohnungsbau auf. Doch jeder davon ist nicht von heute auf morgen zu realisieren. Das spricht für die Konzeptionslosigkeit in der Sache. Der Bürgermeister erklärte auch, man könne überlegen, im Neubaugebiet „Auf dem Zanger“in St. Hubert, das derzeit erschlossen wird, als Stadt eventuell selbst zu bauen, und damit einen eigenen Wohnungsbestand aufbauen. Diese Aussage zeigt zwar den richtigen Weg auf, zu dieser Erkenntnis hätte Rübo aber schon vor Jahren kommen können.