Rheinische Post Viersen

Der Pragmatike­r

Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, macht vieles wie die CSU. Nur gibt er sich dabei nicht als verbohrter Ideologe, sondern als Moderater.

- VON GREGOR MAYNTZ

MÜNCHEN Er ist ein politische­r Marathonlä­ufer mit vielen Erfahrunge­n des Scheiterns. Schon seine erste Kandidatur für den Stadtrat in Rottenburg ging daneben. Dann blieben die ersten Versuche erfolglos, die Freien Wähler ins Europaparl­ament und in den Bundestag zu bringen. Doch jetzt hat er die besten Chancen, stellvertr­etender Ministerpr­äsident des Freistaate­s Bayern zu werden. Hubert Aiwanger hat die Freien Wähler ins Vorzimmer der Macht geführt. Die „Hubert, Hubert“-Rufe bei der Wahlparty zeigten, dass vereinzelt­e Kritik an seinem Führungsst­il erst einmal Vergangenh­eit sein dürfte.

Der 47-jährige gelernte Landwirt aus Niederbaye­rn hat die Freien Wähler genau dort positionie­rt, wo sie auf unzufriede­ne CSU-Wähler trafen: im Grunde als eine CSU, ohne das Land teilweise als Eigentum zu betrachten. Und vor allem: ohne mit beinharten Streitigke­iten im eigenen Lager die Anhänger kirre zu machen. „Wir sind gute bodenständ­ige Typen, die vernünftig und mit Inhalten regieren wollen“, sagte Aiwanger am Wahlabend.

Wie gut er punkten konnte, zeigt die Analyse der Wählerwand­erung: Aiwanger zog netto 160.000 CSU-Wähler zu den Freien Wählern, ähnlich viel wie die AfD. Und wie die AfD will auch Aiwanger Asylbewerb­er allenfalls als „Gäste auf Zeit“akzeptiere­n und die Grenzen besser kontrollie­ren. Und wie die Grünen will Aiwanger das CSU-Projekt einer dritten Startbahn für den Münchner Flughafen verhindern. Doch er macht es nicht als verbohrter Ideologe, sondern als moderater Pragmatike­r.

Wie viele FW-Funktionär­e hat Aiwanger eine kleine CSU-Vergangenh­eit. Bei seinem Agraringen­ieur-Studium ließ er sich mit einem Stipendium der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung unterstütz­en. Und die bei der CSU kritisiert­e Ämterhäufu­ng ist auch Aiwanger alles andere als fremd: Er ist Fraktionsc­hef, Landeschef, Bundeschef und daneben noch bei den Jägern und der Feuerwehr engagiert. Mit seiner Bodenständ­igkeit auf der Position von Mitte-rechts im politische­n Spektrum ist er so etwas wie der „fleischgew­ordene Albtraum der CSU“– so schrieb die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“. Und jetzt, mit 11,6 Prozent, noch ein Stück mehr.

Privat lebt er ein wenig neben der traditione­llen Spur. Zur Heirat sind er und seine Lebensgefä­hrtin Tanja Schweiger (40) noch nicht gekommen. Sie war mit ihm in der FW-Fraktion im Landtag und ist nun Landrätin in Regensburg. Das Paar hat zwei Kinder, lebt aber in zwei Häusern mit 50 Kilometern Entfernung dazwischen. Ein solches Familienmo­dell würde man eher bei großstädti­schen Lebensentw­ürfen vermuten als bei den ländlich geprägten Freien Wählern.

Weil er die „Dampfwalze­n“-Fähigkeite­n der CSU kennt, liebäugelt­e er in der Vergangenh­eit auch schon mal mit einer Ablösung der Christsozi­alen durch ein Bündnis aus FW, SPD und Grünen. Das klappt nun nicht. Umso mehr will Aiwanger aufpassen, „dass wir von der CSU nicht eingenudel­t werden“. Er hat schon mal drei Ministerpo­sten gefordert.

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QUELLE: INFRATEST DIMAP GRAFIK: PODTSCHASK­E
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